Hintergründe

7 kognitive Verzerrungen, die Freelancer:innen kennen sollten

Vor einiger Zeit habe ich einen interessanten Artikel über das Phänomen der kognitiven Verzerrungen gelesen, denen wir alle unterliegen und die unsere Entscheidungen beeinflussen. Ich finde dieses Thema sehr spannend, denn viele dieser kognitiven Biases lassen sich auch auf das Marketing übertragen. In diesem Blogbeitrag stelle ich dir insgesamt sieben kognitive Verzerrungen vor, zeige dir, wie sie in der Praxis funktionieren und wie du sie selbst in deinem Business anwenden oder auch vermeiden kannst.

Während optische Täuschungen uns an dem, was wir sehen zweifeln lassen, können kognitive Verzerrungen unser Denken und Handeln beeinflussen.

Was sind kognitive Verzerrungen?

Der Begriff kognitive Verzerrung stammt aus der Psychologie und dient als Oberbegriff für systematisch auftretende Denk- und Wahrnehmungsfehler, die menschliche Entscheidungen beeinflussen. Grundsätzlich haben Vorannahmen einen großen Einfluss darauf, wie wir Informationen wahrnehmen und bewerten, aber auch auf unsere Denkmuster und unser Gedächtnis. Kognitive Verzerrungen finden meist unbewusst statt und treten häufiger auf, wenn wir schnell handeln müssen, zu viele Informationen auf einmal erhalten oder uns die Bedeutung von etwas nicht klar ist.

Im Bereich Marketing und Werbung spielt die Psychologie seit jeher eine große Rolle. So hat der US-amerikanische Psychologe Robert Cialdini bereits 1984 in seinem Buch „Die Psychologie des Überzeugens“ sechs verkaufspsychologische Prinzipien identifiziert, mit denen Menschen zum Kauf bewegt werden können. Auch kognitive Verzerrungen des Denkens eignen sich, um potenzielle Kundinnen und Kunden vom eigenen Business und den angebotenen Leistungen zu überzeugen. Es gibt aber auch einige Verzerrungen, die du besser vermeiden solltest. Hier habe ich nun insgesamt sieben Verzerrungen zusammengefasst, die du als Freelancer:in unbedingt im Hinterkopf behalten solltest.

Tipp: Mehr zu den Prinzipen der Überzeugung nach Cialdini erfährst du in diesem Artikel in den exali News & Stories: Mit den 6 Prinzipien der Überzeugung zu mehr Erfolg im Business

#1 Der „Mere Exposure Effekt“: Je öfter, desto lieber

Hinter dem Begriff „Mere Exposure Effekt“ (deutsch: Effekt der Darbietungshäufigkeit) verbirgt sich vereinfacht ausgedrückt folgendes Phänomen: Je öfter wir Dinge oder Personen sehen, desto positiver bewerten wir sie. Der Sozialpsychologe Robert Boleslaw Zajonc entdeckte den Mere-Exposure-Effekt 1968 in einem Experiment. Dabei wurden den Teilnehmer:innen abstrakte Formen und Wörter in schneller Folge gezeigt. Danach bewerteten sie die Reize, die sie häufiger gesehen hatten, deutlich positiver als jene, die ihnen seltener gezeigt wurden.

Beispiele für den Mere Exposure Effekt

Vor allem in der Werbung wird der Mere Exposure Effekt seit jeher genutzt: Durch ständiges Zeigen von Produkten auf Plakaten, in der Fernsehwerbung und auf anderen Kanälen soll die positive Wahrnehmung gesteigert werden, bis die Produkte schließlich gekauft werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass wir dem Produkt oder der Person gegenüber neutral eingestellt sind. Wer zum Beispiel schon immer Lakritz nicht mochte, wird sich auch durch wiederholtes Zeigen von Lakritzbildern nicht zum Kauf bewegen lassen.

Der Mere-Exposure-Effekt beschreibt unsere Neigung, eine Sache positiver zu bewerten, je öfter wir sie wahrnehmen.

So kannst du als Freelancer:in den Mere Exposure Effekt nutzen

Die einfachste Möglichkeit, den Mere Exposure Effekt für das eigene Business zu nutzen, ist Werbung. Welche Art von Werbung und in welchem Umfang, hängt stark von deinem Angebot und deinem Budget ab. Meine Empfehlung wäre, sich gerade bei knappem Budget auf den Kanal zu beschränken, auf dem du deine Zielgruppe am ehesten triffst. Das können digitale Anzeigen über Google, Meta oder LinkedIn sein, aber unter Umständen auch „analoge“ Anzeigen in Fachzeitschriften oder Lokalzeitungen.

Die aufwendigere, aber langfristig wahrscheinlich nachhaltigere Variante, den Mere Exposure Effekt für das eigene Business zu nutzen, ist die Erstellung eigener Inhalte. Generell stehen hier eine ganze Reihe von Möglichkeiten zur Auswahl: Vom eigenen Blog über einen eigenen Podcast bis hin zu Videos, Bildern oder Textbeiträgen in den sozialen Medien gibt es vieles, was du machen kannst. Überlege dir also, was dir am meisten Spaß macht und vor allem, wofür du Zeit hast. Meine Empfehlung für Freelancer:innen ist dabei ganz klar: Wenn du wenig Zeit hast, probiere zumindest LinkedIn aus.

Tipp: Warum LinkedIn dich massiv bei der Kundenakquise und Networking unterstützen kann, habe ich bereits in diesem Beitrag ausgeführt: LinkedIn-Tipps für Freelancer:innen.

#2 Der Barnum-Effekt: Für jede:n etwas!

Der Barnum-Effekt beschreibt in der Psychologie die menschliche Neigung, vage und allgemeine Aussagen über sich selbst als richtig und wahr zu empfinden. Der Psychologe Bertram Forer beschrieb den Effekt zunächst als „persönliche Validierungsillusion“. Im Jahr 1956 gab ihm der Psychologe Paul Meehr den Namen „Barnum-Effekt“ – in Anlehnung an den amerikanischen Zirkusgründer Phineas Taylor Barnum. Dieser betrieb ein großes Kuriositätenkabinett (Barnum’s American Museum), das „für jeden Geschmack etwas“ bieten sollte.

Beispiele für den Barnum-Effekt

Gerade in der Esoterik – also zum Beispiel bei Horoskopen, Tarotkarten, Handlesen – oder auch Persönlichkeitstests wird der Barnum-Effekt am häufigsten angewendet. Hier kommen genau die vagen und allgemeingültigen Aussagen zum Einsatz, die zu dieser kognitiven Verzerrung führen. Zur Veranschaulichung einige Beispiele für klassische Muster, nach denen der Barnum-Effekt funktioniert:

  • Wünschenswerte Eigenschaften: Wir alle sind gerne die Heldinnen und Helden unserer eigenen Geschichte. Deshalb reagieren wir positiv auf Aussagen wie: „Du bist für alle da“, „Auf dich können sich alle verlassen“ oder „Du hältst die Gruppe zusammen“.
  • Allgemeine Ängste: Damit sind Aussagen gemeint, die unsere grundlegenden Ängste ansprechen. Beispiele sind: „Deine Gesundheit ist dir wichtig“ oder „Für deine Lieben würdest du alles tun“.
  • Tautologische Erklärungen – damit sind Aussagen gemeint, die allgemein gültig sind, wie zum Beispiel: „Du magst keine großen Risiken“. Risikobewertung ist individuell – niemand geht gerne ein Risiko ein, das er für sich persönlich als zu groß einschätzt.
  • Ungenaue Aussagen wie: „Heute könntest du jemanden treffen, der eine wichtige Rolle in deinem Leben spielen wird“. Durch die unspezifische Formulierung kann prinzipiell jede Begegnung bewertet werden, zumal die Rolle völlig unklar ist. Ein weiteres Beispiel sind Aussagen, die zwischen zwei Extremen liegen und bei denen sich die meisten Menschen irgendwo in der Mitte wiederfinden, wie etwa: „Du bist gerne unter Menschen, hast aber auch gerne deine Ruhe“.
Der Barnum-Effekt funktioniert, wenn du allgemeingültige Aussagen nutzt, die zum Beispiel viel Interpretationsspielraum lassen, Grundängste oder Wünsche ansprechen oder tautologische Erklärungen sind.

So kannst du als Freelancer:in den Barnum-Effekt für dich nutzen

Wie die obigen Beispiele gut zeigen, dient der Barnum-Effekt dazu, Menschen das Gefühl zu geben, dass allgemeingültige Aussagen ganz auf sie zugeschnitten sind. Deshalb solltest du solche Aussagen in deiner Kommunikation nutzen – zum Beispiel in den Texten auf deiner Website, aber auch in Werbebannern oder Newslettern. Indem du Menschen mit Aussagen aus dem Barnum-Katalog ansprichst, gibst du ihnen das Gefühl, gesehen zu werden. Es entsteht der Eindruck, dass du deine Angebote speziell auf sie zugeschnitten hast und eine hohe Personalisierung führt in der Regel zu einer hohen Conversion.

#3 Der Default-Bias: Die bequemste Option wird gewählt

Der Default-Bias besagt, dass Menschen immer eher der Option zustimmen, die eintritt, wenn sie nichts weiter tun müssen. Das bedeutet: Wenn wir die Wahl zwischen Option A und Option B haben, Option A aber als Standard gespeichert ist – also eintritt, wenn wir nichts aktiv ändern – dann wird Option A überproportional häufig gewählt.

Beispiele für Default Bias

Ein gutes Beispiel für die Anwendung des Default Bias kommt aus dem Onlinehandel: Hier gibt es immer häufiger die Möglichkeit, Produkte auch im Abonnement zu bestellen – so erhalten wir das gekaufte Produkt in regelmäßigen Abständen, ohne es immer wieder neu kaufen zu müssen. Bei vielen Onlineshops ist die Option Abonnement voreingestellt. Wenn du das Produkt nur einmal kaufen möchtest, musst du oft aktiv die andere Option wählen – und diese ist meist auch etwas teurer.

Der Default-Effekt bedeutet, dass bei mehreren zur Auswahl stehenden Optionen, übermäßig oft die gewählt wird, bei der keine weitere Aktion nötig ist.

So kannst du als Freelancer:in den Default Bias nutzen:

Der Default Bias eignet sich hervorragend, um deinen Kundinnen und Kunden die Leistungen anzubieten, die für dich selbst am günstigsten sind. Wie machst du das? Indem du verschiedene Pakete anbietest – besonders prominent solltest du das Paket präsentieren, das du am ehesten verkaufen möchtest. Um das etwas anschaulicher zu machen, ein Beispiel:

Nehmen wir an, du bist als freiberufliche Designer:in tätig und bekommst von einem Unternehmen die Anfrage, eine Broschüre für einen Messeauftritt zu gestalten. Paket 1 könnte nun ein Angebot für die Erstellung der Broschüre sein. Paket 2 beinhaltet zusätzlich zur Broschüre die Erstellung von 3 Visuals für Social Media Posts. Paket 3 beinhaltet neben der Broschüre und den Social Media Visuals auch die Erstellung einer Website. Nun solltest du das Paket zuerst anbieten, das du am ehesten verkaufen möchtest – alternativ kannst du dich auch auf das Paket konzentrieren, das deine Kundinnen und Kunden am ehesten kaufen. Neben der Wahrscheinlichkeit, dass das prominenteste Paket am ehesten gekauft wird, hat dies auch den Vorteil, dass du automatisch eine Diskussion über die angebotenen Leistungen und nicht über Stundensätze führst.

#4 Der Confirmation Bias: Ich glaube was ich kenne

Der Confirmation Bias oder Bestätigungsfehler bezeichnet unsere Neigung, bevorzugt solche Informationen aufzunehmen und als relevant zu bewerten, die mit unseren eigenen Überzeugungen übereinstimmen. Dieser Denkfehler wurde 1960 von dem Psychologen Peter Wason in verschiedenen Experimenten nachgewiesen. Inzwischen beschreibt der Bestätigungsfehler eine ganze Reihe von Denk- und Erinnerungsmustern. Einige Beispiele dafür sind

  • Informationsgewinnung: Es werden nur Informationen gesammelt, die die eigene Annahme stützen.
  • Gedächtnis: Informationen, die zur eigenen Meinung passen, bleiben in Erinnerung. Framing: Neue Informationen werden immer so interpretiert, dass sie zur bisherigen Meinung oder Einstellung passen.
  • Überprüfen: Gelegenheiten, die eigene Meinung in Frage zu stellen, werden vermieden.
  • Verwerfen: Informationen, die nicht zu den eigenen Überzeugungen passen, werden verworfen.
Confirmation Bias beschreibt die menschliche Tendenz, Fakten oder Informationen zu ignorieren, die nicht mit den eigenen Überzeugungen übereinstimmen.

Beispiele zum Confirmation Bias:

Eines der aktuellsten Beispiele für den Confirmation Bias sind Verschwörungsmythen. Egal ob QAnon, Corona-Impfung oder Mythen über eine Neue Weltordnung: Die Anhänger:innen dieser Mythen ignorieren sämtliche Fakten, die ihrem Weltbild widersprechen und konzentrieren sich stattdessen nur auf Informationen, die dieses stützen. Zudem werden die Thesen dieser Mythen – so krude sie auch sein mögen – nicht hinterfragt. Aber auch außerhalb der Verschwörungswelt neigen wir dazu, beispielsweise beim Konsum von Nachrichten nur die Informationen aufzunehmen, die unseren Überzeugungen entsprechen.

So kannst du als Freelancer:in den Confirmation Bias für dich nutzen:

Die Tatsache, dass wir Menschen dazu neigen, an unseren Überzeugungen festzuhalten und bestehende Annahmen unbewusst zu bestätigen, wird seit vielen Jahren in der Werbung genutzt. Dazu musst du dir zunächst deine Zielgruppe genau anschauen und die impliziten Annahmen deiner Kundinnen und Kunden herausfinden. Diese kannst du dann durch deine Marketingbotschaften bestätigen – so bekommst du Zustimmung und gewinnst Vertrauen. Hier ein paar Beispiele, wie du das erreichen kannst:

Nutze Stereotypen:

Es gibt einen Grund, warum Stereotypen in der Werbung immer noch so häufig verwendet werden: Sie sorgen dafür, dass sich eine breite Masse mit den beworbenen Produkten oder Dienstleistungen identifizieren kann. Auch als Freelancer:in kannst du Stereotype für dich nutzen, indem du beispielsweise positive Klischees über deine Kundinnen und Kunden nutzt, wie „Innovative Unternehmen brauchen individuelle IT-Lösungen“.

Problemlösungen anbieten

Die wichtigste Regel für eine erfolgreiche Marketingkommunikation lautet: Verkaufe Lösungen, nicht Probleme. Dafür ist es wiederum wichtig, dass du deine Zielgruppe kennst und weißt, an welchen Schmerzpunkten du ansetzen musst. Kommuniziere also über Leistungen in deinem Angebot, die Lösungen für Probleme bieten, die deinen Kundinnen und Kunden vielleicht noch gar nicht bewusst sind.

Leseempfehlung: Einer der besonders gut darin ist, Problemlösungen zu verkaufen ist paradoxerweise der ehemalige US-Präsident Donald Trump. Was du tatsächlich von seiner Kommunikation lernen kannst, habe ich in diesem Artikel zusammengefasst: Politische Kommunikation oder: Warum sich Problemlösungen gut verkaufen

Testemonials

Nicht nur im Bereich eCommerce haben Rezensionen einen großen Einfluss auf die Kaufentscheidung. Als Freelancer:in kannst du das ebenfalls für dich nutzen, indem du mit Referenzen und Testemonials zufriedener Kundinnen und Kunden arbeitest.

3 kognitive Verzerrungen, die du selbst vermeiden solltest

Natürlich sind nicht nur deine Kundinnen und Kunden anfällig für kognitive Verzerrungen, sondern auch du selbst. Deshalb möchte ich dir zum Abschluss auch noch drei davon vorstellen, die du als Freelancer:in und vermeiden solltest.

#1 Der Survivorship Bias: Erfolgsaussichten überschätzen

Der Begriff Suvivorship Bias wurde von Ingenieur:innen der Alliierten im Zweiten Weltkrieg entdeckt. Sie stellten fest, dass ihre Maßnahmen, Flugzeuge besser gegen feindliche Angriffe zu panzern, keine Wirkung zeigten. Der Grund: Die Ingenieur:innen hatten bei den zurückgekehrten Fliegern stets die Stellen verstärkt, die die meisten Einschusslöcher aufwiesen. Die Zahl der heimgekehrten Pilot:innen erhöhte sich dadurch aber nicht.

Erst als man begann, die Panzerung an den Stellen zu verstärken, die keine Einschusslöcher aufwiesen, änderte sich das. Der Grund: Genau an diesen Stellen brachten die Einschusslöcher die Flugzeuge zum Absturz – deshalb zeigten die zurückkehrenden Flieger dort kaum Treffer. Der Blick der Ingenieur:innen war aber zunächst auf die Überlebenden verengt gewesen – deshalb auch Survivorship Bias. Erst als auch die abgestürzten Flugzeuge in die Überlegungen einbezogen wurden, zeigten sich die tatsächlichen Schwachstellen.

Wie du den Survivorship Bias vermeidest

Die Grundidee des Survivorship Bias beruht in der Psychologie auf der Tendenz, sich auf Personen oder Inhalte zu konzentrieren, die einen wie auch immer gearteten Erfolgsprozess erfolgreich durchlaufen haben. Dies führt jedoch häufig zu einer verzerrten Wahrnehmung und in der Folge zu einer systematischen Überschätzung der (eigenen) Erfolgsaussichten. Um nicht in die Falle des Survivorship Bias zu tappen, sollten Erfolgsgeschichten generell immer im Kontext betrachtet werden.

Erfolgsberichte über E-Mail-Vorlagen, Marketing- oder Vertriebsstrategien, Social-Media-Inhalte etc., mit denen der Umsatz signifikant gesteigert werden konnte, sollten immer mit Vorsicht genossen werden. Denn: Berater:innen, Unternehmen oder Agenturen, die mit genau diesen Templates, Strategien oder Inhalten keine nennenswerten Erfolge hatten, werden darüber natürlich auch keine Berichte verfassen. Das heißt nicht, dass du dich nicht von anderen inspirieren lassen sollst, sondern nur, dass du die Informationen immer im Kontext betrachten und nicht blind übernehmen musst. Nur weil beispielsweise einige Freelancer:innen mit Reels auf Instagram viel Erfolg haben, bedeutet das nicht, dass das für alle Freelancer:innen aller Branchen gilt.

#2 Der Hinsight Bias: Hinterher ist man immer schlauer

Der Hinsight Bias – oder auch Rückschaufehler – bezeichnet das Phänomen, dass Menschen rückblickend glauben, den Ausgang eines Ereignisses richtig eingeschätzt zu haben. Wir erinnern uns systematisch falsch an frühere Aussagen und glauben dadurch, das tatsächliche Ereignis bereits vorhergesehen zu haben. In der Wissenschaft werden drei Arten von retrospektiven Fehlern unterschieden:

  • Erinnerungsverzerrungen: Man kann sich nicht mehr genau an seine ursprüngliche Vorhersage erinnern, ist aber fest davon überzeugt, dass man richtig lag.
  • Vorhersehbarkeit: Hier gibt es zwei Varianten: Die erste ist der Irrglaube, das eingetretene Ergebnis schon vorher gekannt zu haben. Bei der zweiten wird das Ergebnis als absolut unausweichlich empfunden – „das konnte ja nun wirklich niemand ahnen“.
  • Zwangsläufigkeit: In diesem Fall sind wir felsenfest davon überzeugt, dass das Ergebnis unausweichlich so kommen musste wie es kam. Es handelt sich um ein unvermeidliches Ergebnis.

Die Gefahr des Hindsight Bias, dem wir alle von Zeit zu Zeit unterliegen, besteht darin, dass wir nicht aus gemachten Fehlern lernen. Statt genau hinzuschauen, welche Faktoren für das Ergebnis verantwortlich waren – was wurde übersehen oder zu wenig beachtet, welche Hinweise wurden ignoriert usw. – schieben wir die Verantwortung auf höhere Gewalt. Dabei lohnt es sich oft, gerade Misserfolge genau zu untersuchen und zu rekonstruieren, denn nur wenn du weißt, was du falsch gemacht hast, kannst du daraus lernen und den Fehler in Zukunft vermeiden.

Leseempfehlung: Fehlschläge können tatsächlich eine gute Möglichkeit sein, um uns zu verbessern – das habe ich im Laufe meiner Karriere bereits mehrmals erfahren. In diesem Artikel habe ich sowohl meine Erfahrungen, als auch die Learnings daraus zusammengefasst: Scheitern als Unternehmer:in – wie Fehlschläge dich voranbringen

#3 Der Bandwagon Effekt: Der Masse hinterher

Der Bandwagon-Effekt beschreibt die Tendenz von Menschen, dem Beispiel anderer zu folgen, ohne dabei die eigene Meinung zu berücksichtigen. Dieser Effekt kann beispielsweise bei politischen Wahlen oder auch in der Marktforschung beobachtet werden. Meist führt der Bandwagon-Effekt dazu, dass eine bereits populäre Option noch mehr Zustimmung erhält. Die Gefahr für dich als Freelancer:in ist dabei, dich zu sehr an eingetretenen Pfaden zu orientieren.

Es gibt kein Patentrezept, mit dem dein Business automatisch zum Erfolg wird. Das heißt nicht, dass du alle Ratschläge in den Wind schlagen solltest, sondern schau dir genau an, was zu dir und deinem Geschäftsmodell passt und adaptiere, was du für sinnvoll hältst. Nicht alle Freelancer:innen brauchen einen Podcast oder einen eigenen YouTube-Kanal, nicht jedes Business muss Social Media nutzen und einige Freelancer:innen haben auch ohne den Besuch von Events eine gute Auftragslage. Deshalb gilt auch hier das Gleiche wie beim Survivorship Bias: Lass dich gerne inspirieren, aber überlege immer, was zu deinem Business und deiner Zielgruppe passt und was nicht.

Kognitive Verzerrungen aktiv nutzen

Wie du siehst, gibt es einige unbewusste Denkmuster, die du als Freelancer:in für dich und dein Business nutzen kannst. Selbstverständlich gibt es noch eine ganze Reihe weiterer kognitiver Verzerrungen, ich habe mich in diesem Blogbeitrag auf die konzentriert, die sich zum einen auf das Business von Freelancer:innen anwenden lassen und zum anderen auch ergänzen. Es ist aber nicht nur wichtig, die verschiedenen Biases zu kennen und anzuwenden, sondern sich auch seiner eigenen Verzerrungen bewusst zu sein.

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