Große Partyzelte stehen in einem Schlossgarten. Die Kommunikation findet im Freien statt. Es ist ein Kongress von Versicherern, der so gar nicht ins Schema passt: Die dunklen Anzüge fehlen und auch die angestrengten „Netzwerkler“, die sich an ihren Kaffeetassen festhalten. Stattdessen gibt es Speeddating zum Aufwärmen und Brainstorming im Pferdestall. Es ist eine von vielen Szenarien der Zukunft, die Unternehmensberater Volker P. Andelfinger in seinem Buch „2025 – Die Versicherung der Zukunft“ beschreibt.
Ich selbst kenne Andelfinger aus einer Zusammenarbeit für das Versicherungsjournal persönlich. Deshalb habe ich auch nicht lange gefackelt und ihm einige Fragen zu Chancen und Risiken der Versicherungsbranche aus seiner Sicht gestellt:
Der innere Widerspruch meiner eigenen neugierigen und offenen Natur mit der gefühlten Bewegungslosigkeit der Assekuranz. Ich spiele immer gerne mit den neuesten elektronischen Spielzeugen und ich bin fasziniert von allem, was bunt ist. Also wieder ein Widerspruch, denn die Branche ist dunkel gekleidet.
Bei dem 2bAhead-Zukunftskongress 2010 habe ich den letzten Kick dazu bekommen, das, was um uns herum passiert und was sich entwickelt, auf die Versicherungswelt zu übertragen. Und ich möchte ein wenig provozieren.
Ich möchte die träge Branche aus der Reserve locken, den Blick über den Tellerrand lenken. Wer sich zu glücklich, zufrieden und satt fühlt, der bewegt sich nicht. Das ist gefährlich, denn wenn sich die Branche nicht bewegt, den richtigen Zeitpunkt verpasst, wird sie überrollt von den Ereignissen. Deshalb muss sie Ausbrechen aus dem üblichen Einerlei, Dinge ganz anders machen.
Rule Breaker sind oft besonders erfolgreich. Den Bereich Social Media zu nutzen etwa, wird immer wichtiger, was viele einfach noch nicht machen. Und das ist nur ein Beispiel dafür, dass die Branche im Dornröschenschlaf verharrt.
Ich fürchte, wenig. Das ist zu kurz für diese Branche. Daher habe ich für den Buchtitel auch nicht 2020 als Ziel genommen, sondern im Gegensatz zu anderen, ähnlichen Diskussionen, den Zeitraum etwas verlängert. Es ist ja nicht immer nur ein Nachteil, bodenständig zu sein.
Aktuell sehe ich rund um die Assekuranz herum allerdings eine enorme Beschleunigung. Da droht der Branche dann doch das Frosch-Dilemma: der Frosch der nicht aus dem Bad mit warmem Wasser heraus will – doch irgendwann auch nicht mehr kann, weil er durch das immer wärmer werdende Wasser erstarrt ist.
Die Assekuranz versucht zum Beispiel, das Thema E-Call und generell Telematik in der KFZ-Versicherung, unter dem Deckel oder in der Schublade festzuhalten. Das wird nicht gelingen. Zum Vorteil der KFZ-Hersteller, zum Nachteil der Versicherer. Ansonsten sehe ich viele Entwicklungen – die oft nicht auf den ersten Blick als versicherungsrelevant gesehen werden – eher positiv, sie verringern Risiken.
Fahrerassistenz-Systeme reduzieren Unfallrisiken, selbstfahrende Autos schalten das Risiko Mensch aus, Sensorkleidung kann Kranke überwachen und damit die Kosten in der Krankenversicherung senken, Robotik hilft möglicherweise, den Pflegenotstand zu mildern und dort Kosten im Zaum zu halten.
Wenn die Versicherer die Chancen ergreifen, anstatt in einer vielleicht ja auch gefühlten multioptionalen Orientierungslosigkeit bei alten Verhaltensmustern zu verharren, sicher sehr viele. Da und dort tut sich was.
Nehmen Sie Beispiele wie friendsurance.de oder flightsurance.de oder Ihr eigenes Portal exali.de, wo neue Ideen auf den Markt gebracht und die neuesten Technologien genutzt werden. Bezeichnenderweise basiert das zweitgenannte Beispiel auf Ideen eines Rückversicherers.
Volker P. Andelfinger arbeitet seit Anfang 2009 als freiberuflicher Unternehmensberater. Als gelernter Versicherungskaufmann hat er die klassischen Stationen Betrieb, Schaden und Vertrieb in fast 30 Jahren Berufsleben bei Nordstern, TRANS und R+V Allgemeine Versicherung AG durchlaufen.
Seine Schwerpunkte bilden die EDV-Unterstützung und Geschäftsprozesse in diesem dynamischen Vertriebsweg. Er arbeitet außerdem u.a. freiberuflich für die deutsche-versicherungsboerse.de und als freier Fachjournalist.
Weitere Informationen unter: www.palatinus-consulting.eu
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