Der Wahlkampf zur Bundestagswahl 2021 ist in vollem Gange – auch in den sozialen Netzwerken. Unabhängig von Inhalten, sowie Kandidaten und Kandidatinnen kristallisiert sich hier immer deutlicher heraus: Bei manchen Parteien besteht in Bezug auf Online-Marketing einiges an Nachholbedarf. Als Negativbeispiel sowohl in Sachen Content-Strategie als auch Community-Management „glänzt“ aktuell besonders die CDU/CSU.
Dass die Union in Sachen Kommunikation in den „neuen“ Medien einiges aufzuholen hat, stellte sie bereits 2019 eindrücklich unter Beweis. Falls du dich nicht mehr erinnern kannst: Damals antwortete die CDU auf das Video „Die Zerstörung der CDU“ des YouTubers Rezo mit einem 11-seitigen PDF. Zuvor hatten bereits Ausschnitte einer letztlich nicht veröffentlichten Videoantwort von CDU-Politiker Philipp Amthor für Belustigung in den sozialen Netzwerken gesorgt. Wie einige aktuelle Beispiele zeigen, scheint sich seitdem nicht sehr viel getan zu haben, was das Verständnis der Partei für, sowie den Umgang mit digitalen Medien betrifft. Tatsächlich liefert die Union aktuell drei wunderbare Beispiele dafür, welche Fehler du im Online-Marketing besser vermeiden solltest:
Einer der häufigsten Fehler im Bereich Community-Management: Der Streit mit Kritikern und Kritikerinnen. Die CDU zeigt hier gerade ganz eindrücklich, wie sich eine verhältnismäßig kleine Panne zu einer Elefanten-großen Blamage ausbauen lässt. Was war passiert ist? Im Mai 2021 entdeckte die IT-Expertin Lilith Wittmann eine Schwachstelle in der App „CDU Connect“ und veröffentlichte diese auf Ihrem Blog. Die App wurde zur Unterstützung von Helfer:innen im Wahlkampf entwickelt. Sie erfasst Daten zu Haustürgesprächen, potenziellen Unterstützern und Unterstützerinnen, sowie Kritikern und Kritikerinnen. Die Agentur PXN GmbH entwickelte die App zum Bundeswahlkampf 2017 und sowohl CDU als auch CSU nutzen sie.
Wie Wittmann aufdeckte, gibt es bei „CDU Connect“ eine massive Sicherheitslücke, die ihr unter anderem Zugriff auf die persönlichen Daten von Wahlkampfhelfern und Wahlkampfhelferinnen, sowie Unterstützer:innen gewährte. Ein peinlicher Schnitzer zwar, der aber wohl für nicht mehr als ein kollektives Schmunzeln gesorgt hätte. Doch statt zähneknirschend einen Fehler einzugestehen und sich für die Aufdeckung der Schwachstelle zu bedanken, beschloss die CDU, die IT-Expertin zu verklagen. So erhielt Wittmann prompt Post vom Berliner Landeskriminalamt. Was das Ganze noch schlimmer macht: Laut der IT-Expertin hatte sie vorher Stefan Hennewig, Bundesgeschäftsführer der CDU, telefonisch kontaktiert und ihr einen Beratungsvertrag angeboten. Als sie dies ablehnte, drohte er mit einem Strafverfahren.
Einen Streit mit Online-Communitys kannst du als Unternehmen nur verlieren, besonders wenn es sich um berechtigte Kritik handelt. Eine Firma, die davon ein Lied singen kann: Microsoft Studios. Noch vor der offiziellen Vorstellung der Xbox One sickerte 2013 ein Feature durch, dass Gamer:innen nicht gefiel: Always-On. Gemeint ist damit, dass zum Spielen der Games stets eine Onlineverbindung benötigt wird. Statt das Gespräch mit der Community zu suchen, veröffentlichte der damalige Kreativchef, Adam Orth, bei den Microsoft Studios einige patzige Tweets zur Kritik und machte sich auch noch über Spieler:innen lustig, die keine gute Internetverbindung hatten. Das Ergebnis: Ein Online-Shitstorm der Orth seinen Job kostete und eine Konsole, deren Verkaufszahlen deutlich hinter denen der Konkurrenz blieben. Egal ob du eine Marke, ein Unternehmen, einen Verein, eine Partei oder eine Person öffentlichen Interesses vertrittst, es gibt eigentlich nur zwei gute Möglichkeiten, um mit Kritik aus Online-Communitys umzugehen:
Es gibt ein ganz grundsätzliches Gesetz, wenn es um die Kommunikation mit einer jungen Zielgruppe geht: Nichts ist peinlicher als der krampfhafte Versuch, jugendlich zu wirken. Etwas, das leider viele Unternehmen immer noch nicht verstanden haben. So blamierten sich unter anderem bereits die Sparkasse und Lieferando mit Werbung in Jugendsprache und auch in der Politik versuchte es 2013 der Berliner FDP-Kandidat Linus Vollmar mit #YOLO. Leider scheint die Junge Union ebenfalls noch nicht verstanden zu haben, dass du junge Menschen nicht erreichst, indem du versuchst, sie nachzuahmen. Außerdem würde es auch grundsätzlich helfen, zu wissen wie gewisse Kommunikationsmittel eingesetzt werden. Andernfalls kommt das heraus, was du derzeit auf dem Instagram-Kanal Connect CDU bewundern kannst: Memes zum Fremdschämen.
Zusätzlich zu den Memes gibt es dann auch noch Storys mit Anlehnungen an Dialoge aus einem Film für Erwachsene (Warum liegt hier Stroh?) oder einer jungen Dame, die durchs Konrad-Adenauer-Haus läuft, ohne mit einer einzigen Person zu reden. Schön zusammengefasst wurde das Ganze in einem Video auf dem YouTube-Kanal Massengeschmack TV. Was sich daraus lernen lässt? Die Imitation von Jugendsprache – oder Jugend-Trends – funktioniert in der Werbung nicht. Konzentriere dich daher lieber darauf, aktuelle Trends nachvollziehbar und unterhaltsam zu nutzen.
Eines muss man der CDU, beziehungsweise der Jungen Union lassen: Sie ziehen ihr Konzept zumindest konsequent durch, egal wie peinlich es ist. So finden seit Juni 2021 auf dem eigens eingerichteten Twitch-Kanal JungeUnionGaming regelmäßig Livestreams mit Vertretern der CDU und der Jungen Union statt. Dort gibt es zwei Formate: „Zocken mit Tilman“ – hier kannst du Tilman Kuban, dem Chef der Jungen Union und einem anderen JU-Mitglied beim Spielen zusehen. Die „Multiplayer-Night“ dagegen zeigt Kuban und andere CDU-Mitglieder:innen, wie sie „gegen die Community zocken“. Das sei „als wolle man in einem Flugsimulator ein Gewitter durchfliegen und dabei mit einer Schulklasse in der siebten Stunde über die Probleme des deutschen Rentensystems diskutieren – auf Finnisch“, lautete das vernichtende Urteil der FAZ zur Mulitplayer Night mit Philipp Amthor am 19. Juli 2021. Mehr muss dazu eigentlich auch nicht mehr gesagt werden.
Fairerweise möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass nicht nur die Union im Bereich Social Media kein gutes Händchen hat. Zahlreiche andere Politiker:innen treten auch gerne mal (oder auch mehrmals) ins Fettnäpfchen. Ein gutes Beispiel dazu ist etwa der Clubhouse-Talk des Thüringer Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Die Linke) in dem er im Januar 2021 die Bundeskanzlerin „Merkelchen“ nannte und zugab, während der Ministerpräsidentenkonferenz „Candy Crush“ gespielt zu haben. Für großes Gelächter sorgte letztes Jahr der Berliner AfD-Politiker, der nicht wusste, dass Fahrspurenende das Ende der Fahrspur bedeutet und über vermeintlichen „Genderwahnsinn“ twitterte
Werbung in sozialen Netzwerken mag anders funktionieren als in anderen Kanälen – aber auch hier gilt: Authentizität siegt. Bevor du eine Kampagne planst, solltest du dir daher nicht überlegen, welche Zielgruppe du erreichen willst, sondern auch, wie – also welchen Mehrwert bieten deine Produkte, deine Dienstleistungen oder deine Inhalte? Wichtig ist außerdem, dass du weißt, wo sich deine Zielgruppe aufhält. TikTok zum Beispiel nutzt vorrangig die Generation Z (geboren zwischen 1997 und 2010), während Facebook immer mehr von den Zielgruppen 30 bis 49 Jahre und 50 bis 64 Jahre dominiert wird. Kenne deine Zielgruppe und auch den Mehrwert, den du ihr bieten kannst und baue darauf deine Social-Media-Strategie auf. Und bitte: Lass dich auf keinen Fall in ein öffentliches Streitgespräch mit deinen Kritikern und Kritikerinnen verwickeln!
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