Daumen runter für den neuen Smoothie-Maker? Dann lieber schnell zurückschicken! Wer dafür die Kosten trägt, ist seit gut zehn Monaten neu geregelt. Bis Mitte vergangenen Jahres fiel die gesetzliche Norm zur Retour einer Online-Bestellung noch deutlich zu Gunsten des Verbrauchers aus. Im Zuge der Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie heißt es nun seit Juni 2014 aufgepasst! Einige Neuerungen erfordern beim Shopping im Web mehr Aufmerksamkeit. Die Online-Versender können sich entscheiden: knausrig oder kundenfreundlich.
Vergleich.org hat sich mal 100 bekannte deutsche Webshops vorgeknöpft und nachgefragt. Die Ergebnisse gibt’s heute exklusiv auf meinem Blog – und das aus erster Hand: Robin Schulz, Redakteur beim Verbraucherportal Vergleich.org, erklärt Euch, wie Webshops das mit dem Retourprozess in der Praxis so handhaben und welche Versandriesen dabei besonders überraschen.
Das Widerrufsrecht und seine Wirksamkeit
Vorab auf den Punkt gebracht – was hat es mit dem Widerrufsrecht nach § 355 BGB auf sich: Innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Bestellung muss der Kunde den Widerruf telefonisch oder schriftlich erklären und die Artikel unabhängig vom Warenwert auf eigene Kosten zurücksenden. Hat der Händler darauf jedoch nicht ausdrücklich hingewiesen, so verlängert sich die Widerrufsfrist um ein Jahr (auf insgesamt 12 Monate und 14 Tage) und der Shop-Betreiber bleibt letztlich auf den Portokosten der Rücksendung sitzen.
Versand: Kulanz in der Serviceleistung?
Entspricht die gelieferte Ware nicht der bestellten, ist sie fehlerhaft oder beschädigt, dann trägt der Online-Shop in jedem Fall die Kosten für die Rücksendung. Eine umfangreiche Befragung im April 2015 durch das Verbraucherportal Vergleich.org hat ergeben, dass darüber hinaus 76 der 100 größten deutschen Online-Shops weiterhin auf Kundenfreundlichkeit setzen und die Rücksendekosten übernehmen. Darunter finden sich auffallend viele große Namen, die sich derartige Gefälligkeit leisten können und wollen.
Etwas mehr Aufwand stellt mittlerweile die Pflicht zur ausdrücklichen Erklärung des Widerrufs dar. Auch hier zeigen sich viele Versender entgegenkommend, stellen entsprechende Formulare, einen Telefon- oder E-Mail-Service bereit. Ansonsten genügt ein formloser Satz ohne Begründung. Punkten wird hier natürlich der Webshop-Betreiber, der es dem Kaufinteressenten so angenehm wie möglich macht.
Groß ist nicht gleich großzügig
Allerdings zeigt sich nicht jeder Versandriese großzügig. Bekannte Unternehmen wie IKEA und Thalia nutzen die Gesetzesänderung und übertragen den Rückversand kostenmäßig immer dem Kunden.
Auch Amazon.de möchte ein Zeichen setzen und gegen leichtfertige Vielbesteller und Windowshopper ohne Kaufabsicht angehen, um die Kosten für Verpackung, Porto und Logistik nicht ins Unermessliche steigen zu lassen. Dazu wurden Anfang 2014 sogar vereinzelt auffällige Kundenkonten gesperrt. Auch die bis zur Gesetzesänderung geltende Warenwertgrenze von 40 € ist quasi als Kompromiss beibehalten worden. Damit sind Waren über diesem Wert sowie generell Bekleidung, Schuhe und Handtaschen rücksendekostenbefreit. Bei niedrigerem Warenwert fallen bis zu 3,50 € Rücksendeporto für den Kunden an – darüber hinausgehende Kosten übernimmt Amazon. Rund 11 % der befragten Shops schließen sich der Differenzierung nach dem Wert an. Apple übernimmt immerhin ab 75 € die Rücksendekosten.
Weniger verklausuliert, dennoch nicht zufriedenstellend für Kunden ist die Regelung beispielsweise bei Sportscheck.de: Nur wenn alle Artikel einer Bestellung retourniert werden, trägt der Shop das Rückporto.
Unterm Strich: ein Plus für die Händler
An sich ist die Neuregelung für Händler durchaus vorteilhaft. Doch wird der Kunde zukünftig vor einem Impulskauf noch einmal in sich gehen und die Widerrufsbestimmungen des Shops überprüfen? Wohl eher nicht. Denn mit 76 Anbietern, die weiterhin auf unkomplizierten Rückversand ganz zur Shopping-Freude des Bestellers Wert legen, hat der Konsument schlichtweg immer die bessere Wahl.
Möglich erscheint deshalb auch knapp 10 Monate nach der Gesetzesänderung noch, dass der ein oder andere große Versender nachzieht und seine Bestimmungen zum Wohle des Kundengeldbeutels umstellt.
Nichtsdestotrotz hat es auch ein Gutes: Der Verbraucher shoppt wieder bewusster, schont dabei die Umwelt und die müden Knochen der Zusteller.
Der Vollständigkeit halber möchten wir noch darauf hinweisen, dass im Rahmen der Shop-Umfrage sämtliche Informationen durch die Unternehmen selbst zur Verfügung gestellt, bzw. anhand ihrer AGB zusammengetragen worden sind. Für deren Aktualität bieten wir keine Gewähr.