Hintergründe

IT-Projektgeschäft: Klauseln zur Haftungsbegrenzung in der Praxis (Teil 2)

Viele IT-Experten und IT-Dienstleister sind der Meinung, dass Sie durch Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder sonstige vertragliche Vereinbarungen (z.B. Projektvertrag) die Haftung auf einfache Weise ausgeschlossen haben. Doch das ist ein gefährlicher Irrtum. Fest steht: Egal welche Leistung der freiberufliche IT-Experte erbringt – wenn er einen Projektvertrag abschließt, trägt er in jedem Fall ein Haftungsrisiko.

Im zweiten Teil meiner Serie, in der ich mit Irrtümern im IT- Projektgeschäft aufräumen will, geht es um die IT-Betriebshaftpflicht: Warum sie trotz Haftungsklausel wichtig ist, zeigt das Beispiel einer konkreten Klausel aus einem Soft- und Hardwarewartungsvertrag.

Beispiel aus der IT-Praxis: Die Haftungsbeschränkung im Software- und Hardwarewartungsvertrag

Die nachstehende Haftungsklausel zwischen einem freiberuflichen IT-Dienstleister und seinem Auftraggeber findet sich in einem Vertrag mit dem Zweck: Support eines Netzwerkes sowie regelmäßige Updates und Sicherheitsüberprüfungen der Sicherheitssysteme (Firewalls, Virenscanner etc.) :

„(…) der Auftragnehmer haftet nicht für Schäden an Soft- oder Hardware oder Vermögensschäden, die durch seine Leistung entstehen, es sei denn diese beruhen auf einem grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Handeln des Auftragnehmers, seiner Erfüllungsgehilfen oder seiner gesetzlichen Vertreter. Für Schäden an der Gesundheit, dem Körper oder dem Leben haftet der Auftragnehmer uneingeschränkt. Ebenso haftet er für die Verletzung von Pflichten, die zur Erreichung des Vertragszwecks von besonderer Bedeutung sind (Kardinalspflichten), dabei ist die Haftung auf die Höhe typisch vorhersehbare Fehler beschränkt (…).“

Erklärungen zur Klausel:

  • Mit Vorsatz handelt, wer weiß, dass er rechtswidrig handelt, und das auch will.
  • Grob fahrlässig handelt, wer die im (Geschäfts-)Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt.
  • Von einfacher/ leichter Fahrlässigkeit spricht man, wenn der Schuldner nach objektiven Maßstäben den Schadeneintritt hätte vorhersehen und vermeiden können.
  • Kardinalpflichten sind besonders wichtige Pflichten, die zur Erreichung des Vertragszweckes von erheblicher Bedeutung sind.

So wird die Haftungsklausel im Schadenfall angewendet

Nun tritt dieser Schaden ein: Ein Virus dringt in das Netzwerk des Kunden ein und legt Teilbereiche lahm. Die alles entscheidende Frage: Greift nun der Haftungsausschluss, der in dem Vertrag ja vereinbart wurde – und ist der freiberufliche IT-Dienstleister von der Haftung generell befreit?

Die Antwort ist einfach: Nein. Denn auch wenn der IT-Experte das System des Kunden nur (leicht) fahrlässig mit einem Virus infiziert hat, greift der Haftungsausschluss nicht. Denn: Die Virenfreiheit des Systems ist eine besonders wichtige Anforderung – sprich Kardinalpflicht – des geschlossenen Vertrags.

Haftung auf den „typisch vorhersehbaren Schaden“ begrenzt

In dem Beispiel ist die  Haftung der Höhe nach allerdings auf den typisch vorhersehbaren Schaden begrenzt. Das bedeutet: Sie ist auf die  Kosten begrenzt, die unter normalen Umständen erwartet werden können und mit denen in einem „durchschnittlichen“ Schadenfall dieser Art gerechnet werden muss.

Fazit: Die Haftungsbeschränkung schützt nicht vor Schadenersatz

Da typische Schäden durch „virenverseuchte“ Netzwerke leicht  im sechsstelligen Bereich liegen können, ist das Haftungsrisiko auch bei einer entsprechenden Haftungsbegrenzung in den AGB oder im Hardware- und Softwarewartungsvertrag enorm groß. Einen wirksamen umfassenden Schutz vor Schadenersatzansprüchen bieten sie nicht. Und was das für den freiberuflichen IT-Experten oder die kleine IT-Softwareschmiede bedeutet, wenn es ihr mit solchen Summen an den Kragen geht, kann sich wohl jeder vorstellen.

Die Lücken schließt eine bedarfsgerechte und zeitgemäße Betriebshaftpflichtversicherung gegen Vermögensschäden – die sogenannte  IT-Betriebshaftpflicht. Sie deckt die auf Basis des Wartungsvertrags entstandenen Schadenersatzansprüche.

Dabei versichert die IT-Betriebshaftpflicht sowohl

  • die grobe Fahrlässigkeit,
  • den Verstoß gegen wesentliche Vertragspflichten oder Nebenpflichten,
  • sowie unvorhergesehene Schäden,

bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssummen.

Ein weiterer Vorteil: Durch den Baustein „Passiver Rechtsschutz“ übernimmt die IT-Betriebshaftpflicht auch die Kosten für Anwälte, Gutachter, Zeugen und einen eventuellen Rechtsstreit vor Gericht, wenn es bei der Schadenersatzforderung strittig ist, ob der IT-Experte tatsächlich für den „Virenschaden“ verantwortlich ist oder nicht.

Weiterführende Informationen

6-teilige Blog-Serie zum Thema „Haftungsrisiken aus Projektverträgen“

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