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Marken-Meckerei: Wie sich Big-Player um Rot, Gelb und Blau streiten

„Meine Farbe gehört mir!“ Zur Marke eines Unternehmens zählt häufig nicht nur ein Logo, ein Schriftzug oder Claim, die Farbe ist selbstverständlich auch entscheidend. Auf den ersten Blick sollen potenzielle Kunden erkennen, um wen es sich handelt und da kann die Firmenfarbe natürlich nicht von der Konkurrenz benutzt werden. Doch ein „Farbverbot“ vor Gericht durchzusetzen ist keine einfache Sache.

Bunt, bunt, bunt sind alle meine Farben! Ein Streit um Farbmarken.

Im zweiten Teil meines Marken-Meckerei-Specials geht’s zu wie im Malkasten: Rot, Gelb, Blau und keiner will teilen.

Farbe als Teil der Marke

Farben sind ein emotionales Thema, Blau soll beruhigen, Rot Energie verschaffen und Gelb die Kreativität fördern. Hat es ein Unternehmen geschafft, dass Menschen die eigene Marke tatsächlich mit einer Farbe assoziieren, öffnen sich für die Marketingabteilung ungeahnte lukrative Welten, die es ab sofort zu verteidigen gilt.

Diesen „Verteidigungskrieg“ haben kürzlich gleich drei bekannte Marken geführt. Ein kleiner „Kriegsbericht“:

Sparkasse und Santander sehen rot

Rot wie die Liebe, rot wie Blut und rot wie die Sparkasse…..und zwar nur die Sparkasse! Zumindest wenn es nach deren Willen geht. Denn die Sparkasse möchte der spanischen Santander-Bank verbieten das Signalrot auf dem deutschen Markt zu verwenden und ist dazu vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen. Der wird am 23. September sein Urteil verkünden.

Seit Jahren schon streiten sich die beiden Bankgiganten durch die Instanzen. Die Sparkasse verwendet das Signalrot in Deutschland seit den 70ern und hat sich die Farbe 2007 beim Deutschen Patentamt als Marke schützen lassen. Die Santander-Bank verwendet seit den 80ern weltweit fast dasselbe Rot und hat deshalb auch (parallel zur Entscheidung des BGH) beim Bundepatentgericht die Löschung der Farb-Schutzmarke beantragt – und gewonnen!

Das „Sparkassen-Rot“, im Amtsdeutsch Farbton HKS 13 genannt, soll demnach keine eingetragene Farbmarke der Sparkasse mehr sein. Das Bundespatentgericht lässt jedoch eine Revision beim Bundesgerichtshof zu; die Sparkassen haben schon angekündigt diese Option wahrzunehmen. In ihrer Zankerei um eine Farbe stehen die beiden Banken nicht alleine da.

Update 28.09.2015:

Der Bundesgerichtshof hat am 23.09.2015 entschieden, dass der Streit um die Verwendung der Farbe Rot durch Santander vor dem OLG neu verhandelt werden muss. Laut der Richter hätte das Verletzungsverfahrens nicht ausgesetzt werden dürfen, weil sich im weiteren Verfahren gegen beide Beklagten zum Teil dieselben Rechtsfragen stellen und der Rechtsstreit deshalb einheitlich gegenüber beiden Beklagten entschieden werden muss, um widersprüchliche Entscheidungen zu vermeiden. Aufgrund dieses Fehlers muss der Streit nun erneut vor dem Oberlandesgericht verhandelt werden.

Update 25.07.2016:

Die Karlsruher Richter des BHG haben am 21.07.2016 darüber geurteilt, ob ein Kreditinstitut auf eine Farbe einen ausschließlichen Anspruch haben kann und entschieden sich dabei zu Gunsten der Sparkassen: Die Farbmarke für Sparkassen bleibt in Deutschland weiterhin geschützt und Santanders Löschungsantrag damit endgültig abgewiesen. Die Richter fußten ihr Urteil auf zwei Gutachten, nach denen sich der Rotton wegen seines einheitlichen Erscheinungsbildes im Verkehr für die Sparkassen durchgesetzt hat und für den Verbraucher so in der Farbsignatur einen Wiedererkennungswert bietet. Unklar bleibt, was das Urteil für den künftigen Markenauftritt von Santander in Deutschland bedeutet.

Niveau ist keine Hautcreme

Nivea aber schon und die Dose ist bekanntlich dunkelblau! Deshalb hatte der Kosmetik-Konzern Beiersdorf die Farbe auch als Farbmarke für die Nivea-Produkte schützen lassen. Der Kosmetik-Konzern Unilever hat jedoch 2013 erfolgreich die Löschung beim Bundespatentgericht erstritten. Durch die Farbmarke von Beiersdorf würde ein Wettbewerbsnachteil für Unilever resultieren, so  damals deren Argument. Denn die Kosmetikserie „Dove“, die zu Unilever gehört, nutzt ebenfalls die Farbe Dunkelblau.

Nun aber aktuell die Überraschung: Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Bundespatentgerichts am 09. Juli 2015 gekippt und entschieden, dass das Patentgericht damals zu strenge Maßstäbe an den Tag gelegt hat. Doch um welche Maßstäbe hat es sich dabei gehandelt?

Wenn dich die Menschen kennen, gehört die Farbe dir!

Eine Grundlage der Entscheidung in Streits um Farbmarken ist die „Verkehrsdurchsetzung“ der Farbe in Verbindung mit der Marke. In einfachen Worten: Es kommt darauf an, wie viele Menschen beim Anblick der Farbe direkt an das Unternehmen denken.

Im Fall von Nivea hat damals ein Gutachten ergeben, dass (statistisch gesehen) 57,9 Prozent der Bevölkerung direkt Nivea in den Kopf kommt, wenn sie die Farbe gezeigt bekommen. Dem Bundespatentgericht hat dieser Wert jedoch nicht gereicht, neben anderen Faktoren, hätte Nivea eine „Verkehrsdurchsetzung“ von 75 Prozent erreichen müssen; die Farbmarke wurde gelöscht.  Jetzt die Wendung: Diese Hürde von 75 Prozent ist dem BGH zu hoch, die Richter orientieren sich in ihrer Einschätzung an einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), die besagt, dass eine „Verkehrsdurchsetzung“ von mehr als 50 Prozent ausreicht, um abstrakte Farbmarken zu schützen. Also nun doch ein Etappensieg für Beiersdorf. Es bleibt spannend!

Langescheidt und Rosetta Stone im Streit

Weniger Erfolg hatte jedoch der Sprachlern-Anbieter Rosetta Stone, der versuchte Langenscheidt die Farbe Gelb streitig zu machen. Der amerikanische Anbieter wollte erst vor dem Bundespatentamt und später auch vor dem Bundesgerichtshof die Farbmarke löschen lassen, scheiterte jedoch in allen Instanzen. Das leuchtende Gelb bleibt weiterhin Langenscheidt vorbehalten, Rosetta Stone darf kein gelbes Wörterbuch anbieten, so die Richter.

Kampf um den Regenbogen

Die deutsche Markenwelt erlebt in den letzten Jahren eine Farbschlacht im Ausmaß eines indischen Holy Festes. Es wird argumentiert und analysiert, bis schließlich der Bundesgerichtshof als unausweichliche Anstandsdame dem bunten Treiben einen Riegel vorschiebt und jeden auf seinen Platz verweist.

Nach dem rasanten Porsche Markenstreit und dem Kampf um die Farbpalette geht es morgen im dritten Teil meines Marken-Meckerei-Specials um einen goldigen Bärchen-Streit 😉

Weiterführende Informationen:

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