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Ralph Günther
exali-Gründer | Versicherungsexperte
Pinky Gloves, das #Investorengate?

Warum Gründen nicht reine Männersache bleiben darf!

Pinky Gloves: der kurze Aufstieg und schnelle Fall eines Unternehmens beschäftigte in den letzten Wochen nicht nur die sozialen Netzwerke, sondern auch die Medien. Für mich bleibt bei dem ganzen Drama um die pinken Handschuhe aber vor allem die Frage zurück, wie so etwas überhaupt passieren konnte. Die Antwort darauf ist leider sehr einfach: Gründen ist viel zu oft noch immer reine Männersache – und es ist höchste Zeit, dass sich daran etwas ändert…

Der Aufstieg und Fall des Unternehmens Pinky Gloves zeigt vor allem, dass man(n) manche Themen doch besser den Frauen überlassen sollte
Der Aufstieg und Fall des Unternehmens Pinky Gloves zeigt vor allem, dass man(n) manche Themen doch besser den Frauen überlassen sollte

Zwei Männer haben sich Gedanken über Menstruation gemacht und eine Idee entwickelt, die Frauen das Leben während der Periode leichter machen soll: Einweghandschuhe mit Klebestreifen, mit denen Frau Tampons hygienisch wechseln und entsorgen kann. Pinke Einweghandschuhe, damit auch wirklich jeder versteht, dass es hier um ein Frauenprodukt geht. Mit dieser „revolutionären“ Idee traten die beiden Gründer des Unternehmens Pinky Gloves dann in der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen auf“ – und konnten prompt Ralf Dümmel als Investor gewinnen. Noch bevor die Ausstrahlung der Sendung zu Ende war, begann es in den sozialen Netzwerken bereits zu brodeln.

#PinkyGate und seine Folgen

Die Firma Pinky Gloves und ihr Produkt sind mittlerweile Geschichte. Knapp eine Woche nach „Die Höhle der Löwen“ gaben die beiden Inhaber via Instagram bekannt, dass sie die Produkte vom Markt nehmen und die komplette Produktion einstellen. Grund war ein massiver Shitstorm in den sozialen Netzwerken, der offenbar neben durchaus berechtigter Kritik auch Beleidigungen und Morddrohungen beinhaltete, sowie Medienberichte, die ebenfalls kein gutes Haar an Pinky Gloves ließen. All das wurde den Gründern – verständlicherweise – zu viel und so entschlossen sie sich, ihr Unternehmen zu beerdigen. Doch #PinkyGate steht mittlerweile nicht nur für Sexismus in der Produktentwicklung, sondern auch in der Gründerszene.

Das „schwierige Thema“ Menstruation

Um das zu verstehen, müssen wir einen kurzen Ausflug ins Jahr 2019 unternehmen. Damals präsentierten zwei Gründerinnen der Firma ooshi – mittlerweile umbenannt in ooia –  ebenfalls in „Die Höhle der Löwen“ auch ein Produkt, bei dem es um Menstruation ging: Periodenunterwäsche. „Ein schwieriges Thema“, meinte Ralf Dümmel damals dazu, während sich Dagmar Wöhrl und Carsten Maschmeyer um den hygienischen Aspekt von Periodenunterwäsche sorgten. Einzig Judith Willams wollte investieren, aber mit mehr Firmenanteilen, als die Gründerinnen bereit waren, ihr zuzugestehen. So verließen sie die Sendung schließlich ohne Deal. Paradox vor allem, wenn man bedenkt, dass die Periodenunterwäsche von ooia damals bereits zwei Mal ausverkauft und damit eigentlich ein deutlicher Need zu erkennen war.

Warum also fand Ralf Dümmel ein Menstruationsprodukt von Frauen für Frauen schwierig, während er bei den Männern diese Bedenken nicht hatte? Weil er ganz offensichtlich den Männern mehr vertraute. Kein Einzelfall, wie ein Blick in die Studie Female Founders Report 2020 des Bundesverbands für Startups e.V. zeigt: Demnach ist es so, dass bei gleichen Geschäftsmodellen Männer eine 60 Prozent höhere Chance haben, an Risikokapital zu kommen. Der Grund dafür ist auch schnell erklärt: 96 Prozent der Venture-Capital-Firmen werden von Männern geführt und die entscheiden sich – ob bewusst oder unbewusst – eher für Themen, in denen sie ihr eigenes Weltbild gespiegelt sehen.

Tipp:  Mehr zu den Problemen, die Frauen bei der Gründung und dem Erhalten von Startkapital haben, findest du in diesem Artikel: Gründerinnen haben immer noch weniger Chancen: Warum wir uns das nicht mehr leisten können…

Medizin- und Gesundheitsprodukte für Frauen – ein Nischenthema?

In den letzten beiden Jahren wurden in sozialen Netzwerken, Foren und Medien immer wieder teils hitzige Debatten zu Themen wie „Me Too“, Tamponsteuer, kostenlose Tampons auf öffentlichen Toiletten, Abtreibung oder der Frage, wann eine Frau eigentlich eine Frau ist (Stichwort: Transgender) geführt. „Frauenthemen“ sind also durchaus Thema im öffentlichen Diskurs und dabei geht es auch immer öfter um die Menstruation beziehungsweise Menstruationsprodukte. Das bedeutet: wenn man(n) nicht ganz hinter dem Mond lebt, hat er davon irgendwann auch schon etwas mitbekommen. Warum also erkennen (männliche) Investoren keinen Need bei Produkten wie Periodenunterwäsche, Schwangerschaftsprodukten oder Medikamenten, die bei Periodenschmerzen helfen? Die ernüchternde Antwort: Weil diese Themen Männer nicht betreffen.

Erfahrungsberichte von Gründerinnen bestätigen dieses Bild. Julia Rittereiser, Gründerin von Kora Mikino, einem Unternehmen für Periodenunterwäsche, berichtet beispielsweise in einem Podcast von T3N von einem Pitching für einen Kredit bei einer Bank: Die Männer in der Runde reagierten auf ihre Produktidee mit dem Rat, die Gründerin solle doch lieber „was für Hämorriden oder Inkontinenz-Unterwäsche für Männer“ machen. Auch Ann-Sophie Claus, Gründerin von The Female Company, das Perioden- und Schwangerschaftsprodukte vertreibt, erzählt im Podcast von Fundraising-Runden in denen einige Herren Fragen stellten wie: „Wie oft kommt denn die Periode?“.

Männer müssen sich einfach mehr trauen

Man sieht also deutlich: #PinkyGate ist kein Einzelfall, sondern eher die Regel. Die Gründer von Pinky Gloves hatten nur das Pech, dass sie in „Die Höhle der Löwen“ nun beispielhaft ein großes Publikum auf das Thema aufmerksam gemacht haben. Doch was lässt sich daraus lernen? Nun – für männliche Investoren hoffentlich, dass man der Expertise von Frauen-Teams in Bezug auf weibliche Medizin- und Gesundheitsprodukte durchaus mehr vertrauen darf. Und das Konsument:innen durchaus kritischer sind als man ihnen oft unterstellt. Für Gründerinnen hoffe ich, dass ihnen die Erfolgsgeschichten anderer Frauen, die nun im Zuge der Debatte eben auch Thema wurden, Mut machen.

Surftipps:

Die bundesweite Gründerinnenagentur (bga) versteht sich als deutschlandweites Kompetenz- und Servicezentrum zur unternehmerischen Selbständigkeit von Frauen. Sie bietet Informationen, Netzwerke, sowie den Kontakt zu Beratungseinrichtungen und eine Datenbank mit Gründungs- und Nachfolgeexpert:innen an. Die bga ist ein vom Bund, der Europäischen Union und dem Land Baden-Württemberg gefördertes Projekt.

Die Initiative „FRAUEN unternehmen“ wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ins Leben gerufen und soll Frauen zur beruflichen Selbständigkeit ermutigen und Mädchen für das Berufsbild Unternehmerin begeistern.

She Works ist ein Magazin für Unternehmerinnen und Gründerinnen, das zahlreiche Informationen zu Beratungsstellen, Netzwerken und so weiter bereitstellt.

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Über Ralph Günther

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