Ich habe in den letzten Tagen unglaublich viele Entscheidungen getroffen, Maßnahmen ergriffen und meine Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt. Heute verrate ich euch auf meinem Blog wie ich als Gründer und CEO von exali die ersten Wochen der Corona-Krise erlebt habe, welche Probleme mir begegnet sind, welche Schritte ich unternommen habe und welche Tools den „exalis“ die Arbeit im Homeoffice erleichtern.
Beachtet bitte: Das ist mein persönlicher Erfahrungsbericht und keine Handlungsempfehlung…
Coronavirus: Arbeiten am Limit
Wenn ich jetzt zurückblicke, bin ich verwundert dass „nur“ drei Wochen vergangen sind. Corona traf nicht nur mich und exali wie der Blitz, vielen von euch wird es genauso gegangen sein. Teilweise habe ich schon beim Zähneputzen Entscheidungen gefällt, die das Fortbestehen der Firma sichern sollten. Ich war nonstop am Telefon und konnte mich keine Sekunde ums „normale“ Tagesgeschäft kümmern. Auch unsere IT lief Tag und Nacht auf Hochtouren, um die Infrastruktur am Laufen zu halten. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an mein Team: Ihr habt in den letzten Wochen quasi Unmögliches geleistet! Dabei war die größte Herausforderung für mich persönlich, dass ich einen klaren Kopf bewahre, obwohl tausende Probleme gleichzeitig gelöst werden wollten. Außerdem wollte ich für so viele Mitarbeiter wie möglich ein normales Arbeiten ermöglichen.
Chronologie: So habe ich auf die Pandemie reagiert
Damit ihr mir trotz der rasanten Entwicklung der Pandemie gut folgen könnt, habe ich euch die Ereignisse als Chronologie zusammengestellt:
31.12.2019 Das Virus wird der WHO gemeldet
07.01.2020 Das Virus stellt sich als neuartiger Coronavirus heraus
11.01.2020 China: Der erste Tote
13.01.2020 Der erste Kranke außerhalb Chinas (Thailand)
24.01.2020 Erste Fälle in Europa (3 in Frankreich)
27.01.2020 Der erste kranke Deutsche (Chinarückkehrer aus Bayern)
23.02.2020 Italien riegelt Ortschaften im Norden ab
Corona nehme ich zwar in den Nachrichten wahr, aber ich habe selber viel um die Ohren. Immerhin wollen wir mit exali nach Österreich expandieren. Die IT, das Produktmanagement, Personal, Redaktion, Onlinemarketing und ich sind deswegen neben den normalen Aufgaben mit den Vorbereitungen für den Launch von exali.at beschäftigt.
25.02.2020 Fälle in mehreren Bundesländern (Baden-Würtemberg, NRW)
08.03.2020 Empfehlung des Gesundheitsministeriums:
Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern absagen
09.03.2020 Die ersten beiden Toten in Deutschland
An diesem Tag vor nunmehr über zwei Wochen treffe ich die erste Entscheidung wegen Corona. Nur vorsichtshalber. Ich fliege nicht zur Marketingkonferenz Contentixx nach Berlin, obwohl ich dort seit Jahren Vorträge halte. Mit vielen Fremden in einem Flugzeug zu fliegen und möglicherweise hinterher einen meiner 30 Mitarbeiter anzustecken, ist die eine Überlegung. Dieses Risiko einzugehen, um dann vor ohnehin nur wenigen Leuten sprechen zu können die andere. Hinter den Kulissen kläre ich mit der IT, nur zur Sicherheit, wer denn schon einen Firmen-Laptop hat und ob wir genügend Remote-Lizenzen haben, damit unsere Mitarbeiter von Zuhause aus arbeiten könnten. Auch in der Vorstandssitzung wird in der Theorie über einen Notfallplan gesprochen. Am Ende steht er fest. Ich gehe aber nur zu 50 Prozent davon aus, dass wir den tatsächlich brauchen. Frei nach dem Motto: Regenschirm eingepackt – dann regnet es bestimmt nicht. Ich habe mich bewusst entschieden, nicht von einem „Krisen“-Plan zu sprechen und mein Kernteam „Task-Force“ und nicht Krisenstab zu nennen, um nicht unnötige Angst zu verbreiten.
10.03.2020 Bundesländer verbieten Großveranstaltungen
Einmal im Monat findet unser sogenanntes „Regular“ statt, ein Meeting mit allen Angestellten. Heute ist Corona zum ersten Mal ein Thema auf der Agenda. Wir sprechen über die Basics: Richtig Hände waschen, nicht ins Gesicht fassen und nur die Einmalhandtücher in den Toiletten nutzen. Wir haben ohnehin Sterillium in den Toiletten und in der Küche. Ab sofort soll der Küchendienst die Oberflächen desinfizieren. Ich sehe aus den Augenwinkeln wie manche Mitarbeiter mit den Augen rollen, als wir über diese Dinge sprechen und bin mir selbst nicht zu 100 Prozent sicher ob ich gerade übertreibe.
11.03.2020 Die WHO erklärt die Covid-19-Erkrankung zur Pandemie
12.03.2020 Trump verbietet Europäern die Einreise
Wir bestellen Laptops, Headsets und alles Weitere was unsere Mitarbeiter für die Arbeit von Zuhause aus brauchen. Auch jetzt gehe ich noch davon aus, dass wir damit einfach auf „Nummer Sicher“ gehen, flächendeckendes Homeoffice scheint mir da noch eher unwahrscheinlich. Trotzdem besorge ich zusätzliche Remote Desktop und Microsoft Office Lizenzen, damit meine Mitarbeiter auch von Zuhause aus datenschutzkonform arbeiten können. Alleine die Lizenzen kosten pro Mitarbeiter rund 200 Euro. Außerdem buche ich beim Provider Sprachkanäle für unsere Voice-over-IP-Telefonie dazu. Dafür muss ich einen Vertrag abschließen, der mich ab sofort im Monat 70 Euro kostet.
Corona hat mich zu diesem Zeitpunkt insgesamt 6.500 Euro gekostet, natürlich ohne Personalkosten oder Projektverschiebungen. Wegen der ganzen Vorbereitungen muss ich außerdem die IT vom Österreichprojekt abziehen, um unsere Infrastruktur aufs Homeoffice vorzubereiten.
13.03.2020 Europäische Länder schließen die Grenzen
15.03.2020 Deutschland schließt die Grenzen
16.03.2020 Die Schulen bleiben geschlossen
Der Präventivplan, von dem ich am 09.03. noch dachte, er wäre vielleicht übertrieben, tritt in Kraft. Das ganze Vorstandsmeeting dreht sich nur um die praktische Umsetzung. Die bestellten Laptops sollten längst da sein, doch trotz Lieferversprechen kam bisher kein Gerät an. Vorsorglich ist ein Mitarbeiter losgefahren, um im Elektrofachmarkt noch Geräte zu besorgen. Eigentlich hätte er schnell zurück sein sollen, stattdessen irrt er durch mehrere Augsburger Läden und steht stets vor mehr oder weniger leeren Laptop-Regalen. Die Verkäufer blicken ihn nur schulterzuckend an, mit solch einem Ansturm hatte keiner gerechnet. Am Ende kehrt er nach vielen Stunden mit gerade mal drei Laptops zurück; darunter ein – wie sich später zeigte – defektes Vorführgerät des Geschäfts.
An diesem Tag bekommt jeder Mitarbeiter eine offizielle E-Mail, wie wir ab sofort mit der Pandemie umgehen. Das sind die wichtigsten Punkte:
- Mitarbeiter aus Risikogruppen arbeiten ab 17.03.2020 im Homeoffice
- Die Türen bleiben offen, um eine Ansteckung über die Klinken zu vermeiden
- Keine persönlichen Meetings mehr, Nummern für Telefonkonferenzen wurden eingerichtet
- Die Kaffeeküche darf nur noch einzeln betreten werden, weil ein Abstand von zwei Metern dort nicht gewährleistet ist
- Bei Verdacht auf Corona auf jeden Fall zuhause bleiben und die Personalabteilung informieren
- Urlaube außerhalb Bayerns sind zu vermeiden
17.03.2020 RKI setzt Gefahrenstufe auf hoch
Im Büro ist es heute schon ruhiger, da die ersten Mitarbeiter im Homeoffice arbeiten. Das Feedback meiner Angestellten zur Heimarbeit ist durch die Bank positiv. Alles klappt wie im Office: Ich bin erleichtert. Meine Arbeit hat sich stark verändert, ich telefoniere den ganzen Tag.
18.03.2020 Bayern verschiebt das Abitur
Für exali.at hab ich keine Sekunde Zeit, denn heute sind meine Hauptprobleme, dass wir noch nicht genügend Headsets haben oder dass manche Mitarbeiter zuhause kein richtiges Büro haben und teilweise am Küchentisch arbeiten. Die Hälfte der Belegschaft ist ab heute im Homeoffice. Wer kann und möchte darf von Zuhause aus arbeiten. Für mich ist es ein komisches Gefühl, durch halbleere Büros zu gehen. Abgesehen vom Telefon, das ohne Unterlass klingelt, fühlt es sich den ganzen Tag so an, als wäre es früh am Morgen und außer mir noch keiner da.
19.03.2020 Die Regierung denkt über Ausgangssperren nach
Die Laptops wurden nun doch mit einigen Tagen Verspätung geliefert, zu spät für unsere Planung. Macht aber auch nichts und ist unser kleinstes Problem.
20.03.2020 Bayern und Saarland verhängen Ausgangsbeschränkungen
Meine Mitarbeiter erhalten vorsorglich eine Arbeitgeberbestätigung, damit sie, sollte eine komplette Ausgangssperre kommen und man für den Weg zur Arbeit eine Art „Passierschein“ brauchen, trotzdem ins Büro kommen können – und sei es nur um wichtiges Equipment abzuholen oder auszutauschen.
22.03.2020 Deutschland erlässt Kontaktverbot
23.03.2020 Die erste Tote in Augsburg (Eine 90-Jährige mit Vorerkrankungen)
Das Montagsmeeting findet erstmals als Telefonkonferenz statt, nur vier Mitarbeiter und ich sind im Büro. Alle kommen aber gut voran und wir können wie gewohnt für unsere Kunden da sein. Die Stimmung ist zuversichtlich optimistisch. Ich übernehme wieder einzelne Aufgaben im Tagesgeschäft, das bis jetzt hauptsächlich meine Mitarbeiter geschultert haben.
Diese Tools erleichtern uns bei exali die Arbeit
Ohne mein Team wäre ein solcher Hau-Ruck-Wechsel ins Homeoffice nicht möglich gewesen. Aber auch einige Tools erleichtern uns jeden Tag die Arbeit von Zuhause aus:
- Datenverkehr über VPN einrichten
- Remotelogins von Zuhause auf die Arbeitsrechner
- Redmine: Projektmanagement-Software (webbasiert und kostenlos)
- Trello: Projektmanagement-Software für die Abstimmung von Prozessen mit unserer Agentur (webbasiert und kostenlos)
- Phonerlite: Voice over IP Telefonie
- eigene Konferenznummern für jedes Team (haben wir zusätzlich auf unserem Telefonserver eingerichtet)
- Pidgin: Chatsoftware (auch für Konferenzchats) über unseren eigenen Chatserver (haben wir auch bereits stark vor Corona verwendet)
- Zoom für Videomeetings
Ein normales Arbeiten war bei exali also schnell wieder möglich. Da wir nicht alle an einem Tag die „Reisleine“ gezogen haben, haben unsere Kunden und Partner so gut wie nichts davon mitbekommen. Die Kommunikation läuft gut, wenn auch über das Headset oder per Chat. Nur auf die Frage „was ist in vier oder acht Wochen?“ habe auch ich als Vorstand zurzeit keine Antwort. Vielleicht weiß es ja Bill Gates. Zumindest sagte er bei einem TED Talk 2015 schon voraus, dass uns eine Pandemie droht und wir ihr wohl nicht gewachsen sein werden:
Ich hoffe, dass er zumindest mit Letzterem nicht Recht hat und bin vorläufig froh, dass meine Mitarbeiter alle gesund sind und wir bei exali die derzeitige Lage so gut meistern. Schreibt mir gerne einen Kommentar, wie ihr in eurem Unternehmen mit der Corona-Krise umgeht. Ich wünsche euch auf jeden Fall alles Gute und bleibt gesund!
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