Es ist immer ein gewisses Risiko damit verbunden, sich selbstständig zu machen und/oder ein Unternehmen zu gründen – eine weltweite Krise macht es da nicht wirklich einfacher. Aber ist es wirklich so viel riskanter? Ich denke, darauf gibt es keine pauschale Antwort.
Weißt du, was mein Unternehmen, die exali AG mit Firmen wie Zalando, Airbnb und Uber verbindet? Die Finanzkrise. Oder besser: Die Entscheidung, mitten in der Finanzkrise ein erfolgreiches Unternehmen zu gründen. 2008 war der Start für exali (damals noch exali GmbH) und das, obwohl mir viele nicht nur von der Gründung mitten in einer Krise abrieten, sondern auch meine Geschäftsidee für wenig zukunftsträchtig hielten. Eine Versicherungsmakler-Firma, die Berufshaftpflichtversicherungen für Selbstständige, Freelancer:innen und Unternehmen anbietet? Zu einer Zeit, in der Dutzende Unternehmen und Freelancer:innen Aufträge verloren?Und das Ganze auch noch online?
Ich aber glaubte an meine Idee und entschied mich zur Gründung. Trotz negativer Vorzeichen und Unverständnis in meinem persönlichen Umfeld. 13 Jahre später ist die exali AG ein erfolgreiches InsureTech mit über 30 Mitarbeiter:innen und ich und mein Team arbeiten gerade daran, in weitere Länder in Europa zu expandieren. Trotz Corona-Pandemie und der damit verbundenen ungewissen Zukunft. Denn ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass es keinen „perfekten“ Zeitpunkt gibt, um etwas umzusetzen – es gibt nur eine gute Planung, gepaart mit der Abwägung möglicher Risiken und eine gute Portion Mut. Ob es der richtige Zeitpunkt war, etwas zu tun, dass kannst du immer noch im Nachhinein beurteilen.
Ein Zimmer in deiner Wohnung an Tourist:innen vermieten und so das Bankkonto aufstocken? 2008 eine vollkommen neue Idee. Damals gab es neben Hotels und Hostels maximal noch Ferienwohnungen – heute gehört das Vermieten von Zimmern oder Wohnungen über Airbnb für viele zum festen Bestandteil der Reiseplanung. In den meisten US-Großstädten wird. Wenn ich heute in Vorträgen, beziehungsweise in Zeiten von Corona Webinaren, über Berufshaftpflichtversicherungen für Freelancer:innen, Unternehmen und Selbstständige spreche, dann runzelt niemand mehr bei „digital abschließbar“ die Stirn oder hinterfragt den Need für so eine Versicherung. Im Gegenteil. Der Punkt ist: Niemand kann sich vorstellen, dass etwas funktioniert, bis es jemand probiert.
Natürlich gehört zum Erfolg eines Unternehmens (oder dem Schritt in die Selbstständigkeit) immer ein bisschen Glück. Es erfordert aber auch eine gute Planung, inklusive finanzieller Absicherung und – na ja, meiner Meinung nach ein wenig „Blauäugigkeit“ im positiven Sinne. Ich sage es ganz ehrlich: Hätte ich 2008 die Risiken und Chancen bis ins kleinste Detail analysiert, ich hätte mich wahrscheinlich gegen die Gründung entschieden. Ich weiß noch, wie ich damals, kurz vor der Gründung von exali (der Notartermin war schon anberaumt) in einem Café saß und sich am Tisch neben mir zwei junge Männer gegenseitig ihr Leid klagten. Beide waren Freelancer und beide hatten durch die Finanzkrise den Großteil ihrer Aufträge verloren und standen kurz vor dem Aus. Ich entschied mich damals, das Café zu verlassen, statt weiter zuzuhören.
Es gibt zwei Dinge, die ich jedem, der sich überlegt ein eigenes Unternehmen zu gründen oder sich selbstständig zu machen, raten kann: Erstens, schau dir deine Zielgruppe und deine potenziellen Konkurrent:innen genau an und baue darauf deinen Business-Plan auf. Zweitens: Beurteile Risiken auch nach ihren Chancen. Dazu ein Beispiel: Dein Plan ist eine Restaurant-Eröffnung, dein Business-Plan steht, aber du glaubst nicht, dass das in Zeiten der Corona-Pandemie eine gute Idee ist? Nun, ich denke, es könnte auch eine Chance sein – eben gerade, weil viele Gaststätten die coronabedingten Schließungen nicht überstanden haben und eine Lücke zurückgelassen haben. Wichtig für ein solches Projekt ist, dass du dir deine Zielgruppe und deine Konkurrenz genau anschaust und basierend darauf deine Erfolgschancen kalkulierst – und zusätzlich ein finanzielles Polster hast, dass auch eine längere Anlaufphase ermöglicht.
Was dieses Beispiel gut zeigt: Ein Risiko kann auch eine Chance sein. Das gilt auch für mein Unternehmen in Bezug auf die Corona-Pandemie. Gerade in Branchen wie dem Einzelhandel hat sich hier im letzten Jahr viel verändert. Händler:innen sehen sich mehr und mehr nach digitalen Distributionswegen um, was wiederum der IT-Branche, sowie Kreativen (zum Beispiel Texter:innen, Grafik-Designer:innen und so weiter) zugutekommt. Und Unternehmen oder Freelancer:innen aus diesen drei Bereichen benötigen dann eine Absicherung ihres Business, was dazu führt, dass exali die Krise bisher gut überstanden hat. So gut sogar, dass wir im letzten Jahr nach Österreich und in die Schweiz expandierten und dieses Jahr an einer Ausweitung in weitere Länder arbeiten.
Ich denke, dass du dich bei der Entscheidung zur Selbstständigkeit und / oder Gründung eines Unternehmens auf die mögliche Umsetzung konzentrieren solltest. Was willst du machen? Welchen Service willst du bieten? Wer sind deine potenziellen Kund:innen und welchen Mehrwert willst du ihnen bieten? Wer ist deine Konkurrenz und was unterscheidet deine Idee von ihrer? Diese Fragen solltest du für dich klären und basierend darauf deinen Business-Plan entwerfen. Wenn du ein Konzept hast, von dem du überzeugt bist und die finanziellen Rahmenbedingungen geklärt sind, dann lautet mein Tipp: Versuch es. Und wenn es schiefgeht, schau dir an, was du daraus lernen kannst. Ich war vor dem Versuch, Berufshaftpflichtversicherungen digital anzubieten immerhin auch sieben Jahre „maximal“ unerfolgreich. 😉 Nicht umsonst lautet ein berühmtes Zitat (angeblich von dem römischen Kaiser Marc Aurel): „Man bereut nie, was man getan, sondern immer, was man nicht getan hat.“ In diesem Sinne, nutze die Krise als mögliche Chance, ich wünsche dir auf jeden Fall viel Erfolg dabei!
Surftipps:
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Hier gibt es zahlreiche Informationen zur Gründung, sowie möglichen Förderungen
Deutschland startet: Eine Initiative für Gründer:innen und Start-ups mit aktuellen News und Informationen rund um das Thema Selbstständigkeit.
Aktivsenioren e.V.: Die Idee hinter diesem Verein ist simpel – pensionierte Unternehmer:innen stellen ihr Fachwissen zur Verfügung und beraten angehende Gründer:innen und Freelancer:innen bei ihrem Weg in die Selbstständigkeit.
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