Hintergründe

Frühling, Sonne, Webshop-Urteile: Was gibt’s Neues im eCommerce-Recht?

Gerade haben wir uns an die ersten warmen Tage gewöhnt, da müssen sich Webshop-Betreiber auch schon mit neuen, rechtlichen Entscheidungen herumschlagen, die der Frühling für sie im Gepäck hatte! Stets ergeben sich neue rechtliche Regelungen, Verordnungen und Grundsatzentscheidungen im Landesrecht und auf EU-Ebene. Nun sind es schon wieder drei an der Zahl, die die Webshop-Welt ordentlich ins Wanken und die Gefahr von Abmahnungen mit sich bringen.

Widerrufsrecht bei Individualisierung, Widerrufsbelehrung inklusive Telefonnummer, Irreführung durch Produktbilder – drei Themen, drei gerichtliche Entscheidungen im eCommerce.

Damit auch ihr auf dem aktuellsten Stand bleibt, möchte ich euch die wichtigsten Entscheidungen natürlich nicht vorenthalten 😉 Neugierig geworden? Weiterlesen lohnt sich!

Individualisierung hebelt Widerrufsrecht aus?

Stellt euch vor, ein Kunde bestellt in eurem Online-Shop eine Couch, die es in verschiedenen Farbvariationen gibt und zusätzlich in den beiden Alternativen Liegeflächen links oder rechts angeboten wird. Der Kunde hat also die Möglichkeit seine eigenen Wünsche zu verwirklichen. Und dennoch entscheidet er sich nach der Lieferung, den Vertrag zu widerrufen. Würdet ihr die individualisierte Couch ohne Murren zurücknehmen? Ein Händler entschied sich dagegen und zwar, weil der Kunde die angebotene individuelle Spezifikation für sich beanspruchte.

Der Fall landete vor dem Amtsgericht in Dortmund (Urteil vom 28.04.2015, Az.: 425 C 1013/15) und siehe da: Der Händler muss die Couch zurücknehmen, denn

„[d]er Kläger hat wirksam seine auf den Abschluss eines Kaufvertrages über die gelieferte Couch-Garnitur gerichtete Willenserklärung widerrufen. […] Zwar kann wohl die Anfertigung der Couch-Garnitur nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden. […] [aber] die streitgegenständliche Couch-Garnitur ist nicht derart durch die Wünsche des Klägers individualisiert, dass sie für die Beklagte im Falle ihrer Rücknahme (wirtschaftlich) wertlos ist, weil die Beklagte sie wegen der vom Kläger veranlassten besonderen Gestalt anderweitig nicht mehr oder nur noch mit erheblichen Schwierigkeiten oder Preisnachlässen absetzen kann.“

Nur weil eine Individualisierung gegeben ist, hebelt dies das Widerrufsrecht des Kunden also nicht automatisch aus und muss in jedem Einzelfall neu entschieden werden.

Produktfoto verrät Lieferumfang

Auch der nächste Entscheid treibt so manchem Webshop-Betreiber vielleicht sogar die Schweißperlen auf die Stirn. Habt ihr in letzter Zeit mal eure Produktfotos gecheckt? Stimmt die Abbildung immer mit dem Lieferumfang überein? Einer eurer Kollegen hat diesbezüglich erst schlechte Erfahrungen mit dem Verkauf eines Sonnenschirms gemacht. Auf dem Produktbild waren neben dem Schirm und dem Ständer auch Betonplatten zur Beschwerung abgebildet, die allerdings nicht im Lieferumfang enthalten waren – wie die Klägerin enttäuscht feststellte. Die Richter des Landgerichtes Arnsberg (Urteil vom 05.03.2015, Az. 8 O 10/15) entschieden, dass hier tatsächlich eine Irreführung des Verbrauchers vorliege. Und nicht nur das: Fehlen am Ende tatsächlich Teile, ist der Online-Händler wegen der zugrundeliegenden Beschaffenheitsvereinbarung verpflichtet, diese nachzusenden oder Schadenersatz zu leisten.

Übrigens: Kürzlich war genau dieser Fall auch auf der exali.de Info-Base Thema – wie passend 😉 Die einzelnen Details gibt’s hier zum Nachlesen.

„Rufen Sie mich an!“ – der Widerruf am Telefon

Und zu guter Letzt hat auch noch das Oberlandesgericht Hamm (Urteil vom 24.03.2015, Az. 4 U 30/15) zu einer Neuerung geführt, die Webshop-Betreiber unter Umständen rasend machen könnte. Nach altem Verbraucherrecht musste der Widerruf via E-Mail, Fax, Brief oder SMS in Textform erklärt werden. Mit dem neuen Recht Mitte 2014 wendete sich das Blatt jedoch um 180 Grad: Nun müssen zwingend auch geschäftliche Telefonnummern in der Widerrufsbelehrung aufgeführt werden, insofern der Webshop-Betreiber auf das gesetzliche Muster der Belehrung zurückgreift und über eine geschäftliche Telefonnummer verfügt. Ein Widerruf muss nun also auch über das Telefon entgegengenommen werden.

Aber aufgepasst, jetzt wird’s nochmal vertrackt: Ist ein Webshop-Betreiber bereits nach altem Verbraucherrecht wegen der Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung abgemahnt und hat eine Unterlassungserklärung abgegeben, ist diese auch weiterhin gültig, wenngleich das OLG Hamm hier etwas anderes verlangt. Aus dieser haarigen Situation kann euch am besten ein Anwalt helfen. Zum Beispiel bietet die Kanzlei Plutte diesbezüglich ein nettes Give-away: den kostenlosen Widerrufsbelehrungs-Generator.

Fazit: Und wieder einmal ist klar, dass sich Online-Händler ob der sich ständig ändernden Regelungen stets der Gefahr gegenüber sehen, auf’s Abmahngleis zu geraten. Schaut euch die Urteile wirklich genau an und schöpft quasi aus dem Vollen für euren Webshop – so ist die Kuh oft doch noch rechtzeitig vom Eis geschoben 😉

Weiterführende Informationen:

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