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Kein Liebeslied: Eine gut gemeinte Hasshymne ans Projektgeschäft

Selbständigkeit: Ich möchte sie nicht eintauschen! Die Freiheit, die sie mit sich bringt, ist mit den engen Grenzen vieler Jobs nicht vergleichbar. Doch wie alles im Leben gibt es auch bei der Selbständigkeit Kehrseiten, die einem von Zeit zu Zeit die Laune verderben. Selbständige und Freelancer im Projektgeschäft als Berater können ein ganz besonderes Liedchen davon singen, welche Anforderungen die Zusammenarbeit mit immer neuen Auftraggebern mit sich bringt.

Berater im Projektgeschäft? Jetzt kommt die Abrechnung eines Kollegen: Was am meisten nervt und woran gearbeitet werden sollte.

Auf meinem Blog begrüße ich heute Frank Sundermann, er ist Experte in Sachen Projektgeschäft bzw. Consulting und schreibt sich mal so richtig den Frust von der Seele – inklusive Verbesserungsvorschläge für die Zukunft:

Gastartikel: Berater haben`s nicht leicht!

Der Kunde will erfolgreiche Berater? O.K., das können wir bieten. Er will Aufgaben/Herausforderungen bewältigt haben, die er alleine nicht gestemmt bekommt? Yes, dafür bringen wir Zeit und Expertise mit.
Aber hat er sich schon mal Gedanken gemacht, was denn sein Beitrag zu zum Projekterfolg ist – sein persönlicher Beitrag?
Ich mache seit 11 Jahren Beratung und die Erfahrung aus zahlreichen Projekten sagt mir: „Manchmal wären 5-10% mehr drin gewesen, wenn der Kunde sich mehr reingehängt hätte.“

Achtung: Die jetzt nachfolgenden Punkte sind kein Liebeslied. Aber das Thema „Zusammenarbeit im Projekt“ wird meistens nicht auf den Tisch gebracht und dient dann nur noch beim Berater-Stammtisch als Legenden-Gesprächsstoff, was auch nicht hilfreich ist.

Warum dann nicht dazu schreiben im Sinne einer Selbstreflexion für Kunde UND Berater, damit in Zukunft beide Seiten davon profitieren können.

Here we go:

1.) Aktive Teilnahme des Top-Managements:
Meistens hört man: „Wichtig ist die Unterstützung vom Top-Management“. Ganz ehrlich: Es ist zu wenig, wenn der CEO/COO/CPO etc. nur zum Kick Off und zum Lenkungsausschuss kommt. Wirklich motivierend für das Team ist es, wenn er persönlich zu den Sitzungen erscheint und sich aktiv einbringt (teilnehmen und mal zuhören zählt auch nicht). Mutige Vorschläge sind gefragt, die auch mal danebenliegen können. Aber Sie glauben gar nicht, was das für ein Signal an das Team aussendet. Für uns Berater heißt das, die Manager auch zu den Terminen einzuladen – am besten per Outlook, denn nur ein Eintrag im Kalender ist ein echter Termin.

2.) Einfordern von Ergebnissen abseits des Lenkungsausschuss
Nein, nicht die Hochglanz-Präsentation der Berater ist die Wahrheit, sondern das nackte unverblümte Excel-Sheet sagt aus, wo das Projekt wirklich steht. Liefern Sie dieses nicht nur alle 3 Monate zum Lenkungsausschuss, sondern gehen Sie es mit dem beauftragenden Manager 7- oder 14-tägig durch. So nimmt er aktiv am Projekt teil und ist auch für Punkt 1 besser aufgestellt. Außerdem ist die High-End-Präsentation nur eine zeitaufwendige Darstellung der Ergebnisse, die dadurch nicht besser werden, dass diese jetzt in Powerpoint „gemalt“ werden.
Selbstkritik für uns Berater:
a) Weniger Folien sind manchmal mehr Information.
b) Den Kundenmitarbeiter die Ergebnisvorstellung machen lassen, auch wenn dieser kein Rhetorik-Ass ist.

3.) Mehr E… in der Hose für die Umsetzung
Ich hätte diesen Punkt auch „Wasch mich, aber mach mich nicht nass“ nennen können. Wie oft habe ich es erlebt, dass Potenziale von 20-30% in Form von neuen Lieferanten, alternativen Produkten oder neuen Konstruktionen aufgezeigt wurden und der Kunde sagt:
a) „Da müssen wir noch eine weitere Ausschreibung machen, bevor wir das angehen“
b) „Aber was wird der bestehende Lieferant sagen, wenn er nicht mehr …“
c) „Das geht nicht! Dann müssten wir ja eigentlich …“
Ganz ehrlich: Wenn das Wort „eigentlich“ fällt, steigt bei mir der Blutdruck. Denn dadurch kommt nur etwas zum Ausdruck, wozu man nicht die E… in der Hose hat. Auch mir passiert das selber im eigenen Unternehmen, dass ich von „eigentlich“ oder von „Das Problem ist, dass…“ spreche. Da hilft nur Eigendisziplin, kritische Mitarbeiter und schlussendlich mehr Mut, es auch durchzuziehen.

4.) Deckelung statt Neidfaktor
Erfolgsabhängige Vergütungen sind ein beliebtes Thema bei Kunden – der Berater soll schließlich auch sein Bekenntnis zum Erfolg leisten. Meiner Erfahrung nach aber auch ein leidiges Thema, wenn es zur Abrechnung kommt. Wenn wir Berater Anspruch auf 100.000 EUR für 20 Tage Arbeit anmelden, weil die Erfolgskomponente das so vorsieht, dann war es wahrscheinlich sehr sehr erfolgreich. Aber der Gerechtigkeitssinn des Kunden sagt, dass das im Vergleich zur seiner Tätigkeit und seinem Gehalt ein Tagessatz von 5.000 EUR nicht mal ansatzweise gerechtfertigt ist. Stimmt auch, aber meist hat er selber Anteil an der Situation, da er auf „100%ig erfolgsabhängige Vergütung“ und „x% von der Einsparung“ reingefallen ist. Tipp hier auch an die Berater-Riege: Weniger Gier und mehr Maßhaltigkeit zahlt sich aus. Wir bei Durch Denken Vorne deckeln alle unsere erfolgsabhängigen Angebote, denn wir wollen keine Neid-Debatte sondern eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit.

Es gäbe sicherlich noch weitere Punkte, aber diese Punkte reichen meiner Meinung erst einmal zum Dampfablassen und zum an sich selber arbeiten. Uns allen dabei viel Erfolg!

Zum Autor:

Frank Sundermann ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Durch Denken Vorne Consult GmbH.

Frank Sundermann ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Durch Denken Vorne Consult GmbH, die innovative Beratungsansätze für das Beschaffungsmanagement und die Produktkostenoptimierung bietet. Weitere Informationen finden Sie unter www.durchdenkenvorne.de.

Weiterführende Informationen:

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