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Als freier Redakteur vom Auftraggeber geschasst: Oder wie man im „Löwenkäfig Journalismus“ sicher unterwegs ist

Immer am Ball, top informiert und stets flexibel: Ein Journalist muss am Puls der Zeit sein und sich als Freiberufler außerdem den wechselnden Vorstellungen der Auftraggeber anpassen. Das ist einem freien Redakteur nun zum Verhängnis geworden. Sein Kunde „Zeit Online“ hatte wegen eines Interessenskonflikts die Zusammenarbeit beendet – und zwar für alle Welt sichtbar via Social Network. Ein Beispiel, wie schnell in der Medienwelt der berufliche Boden unter den Füßen wegbrechen kann. Davon können viele Kreative ein Lied singen. Der Fall deshalb weitergedacht: Was ist, wenn dem Redakteur eine zehnteilige Serie in Aussicht gestellt wird, aber nach zwei Artikeln Schluss ist und sich der Auftraggeber verabschiedet? Bleibt der Freiberufler dann auf seinen Kosten sitzen? Und gibt es eine Möglichkeit, sich dagegen abzusichern?

Der Fall des geschassten Zeit-Reporters und die Frage, wie sich Kreative, Medienschaffende & Co. schützen können, wenn der Auftraggeber vom Projekt zurücktritt – um diese Themen geht es diese Woche auf meinem Blog

Interessenskonflikt?! „Kreml-finanzierter“ Redakteur schreibt für „Zeit Online“ über Ukraine

Doch zunächst zum Fall des freien Redakteurs. Er hatte für „Zeit Online“ einen Artikel über die Situation in der Ukraine verfasst. Pikanterweise gehörte aber auch das vom Kreml mitfinanzierte „Russland heute“ zu seinen Auftraggebern. Ein Interessenskonflikt, urteilte der Chefredakteur von „Zeit Online“ und distanzierte sich über den Kurznachrichtendienst Twitter öffentlich von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem freien Journalisten.

Damit war der dann nicht nur Gesprächsthema der Branche, sondern auch um einen Auftraggeber ärmer.

Risiken als freier Redakteur absichern

Nicht immer verabschieden sich Kunden so öffentlich wie „Zeit Online“. Dennoch muss ein freier Journalist immer damit rechnen, dass ein Auftraggeber vom Auftrag zurücktritt, wenn der auf Basis eines Werkvertrags durchgeführt wird.

Kurzer Exkurs zum Werkvertrag: Bei einem Werkvertrag schuldet der Journalist die Fehlerfreiheit des Werkes.
Das große Schlagwort hier lautet „Schlechtleistung“. Macht der Journalist in der Recherche grobe Fehler, liefert eine verspätete oder schlechte Leistung ab und kann nicht nachbessern, steht dem Auftraggeber ein Rücktrittsrecht vom Werkvertrag zu. Einfach gesagt: Der Artikel oder Beitrag wird nicht abgenommen, Geld gibt es keines und der freie Redakteur bleibt auf entstandenen Recherchekosten sitzen.

Mit einer Versicherung, die im Fall des berechtigten Rücktritt des Auftraggebers einspringt, bekommt der Freiberufler jedoch seine vergeblichen Aufwendungen erstattet: Unter vergebliche Aufwendungen fallen allgemein Personalkosten (auch das eigene Honorar des Journalisten) und Sachkosten. Unter die Personalkosten würde auch ein für die Recherche hinzugezogener Kollege und unter Sachkosten beispielsweise Reisekosten sowie weitere Spesen und Recherchematerial fallen.

Übrigens: Eine solche Absicherung bieten einige Versicherer als Leistungserweiterung zur Vermögensschadenhaftpflicht an. (Bei exali.de nennt sich der Baustein „Rücktritt des Auftraggebers vom Projekt“ (kurz RPC) 🙂 ).

Mediahaftpflicht sichert Schäden Dritter ab – Kritischer Blick in die Bedingungen lohnt sich!

Wer arbeitet macht Fehler, das trifft natürlich auch auf freie Journalisten zu. Manchmal können diese Fehler aber nicht nur Eigenschäden, wie die oben beschriebenen vergeblichen Aufwendungen, sondern auch schwerwiegende Haftpflicht Ansprüche seitens Dritter nach sich ziehen. Beispiel: Der Politiker, der aus Versehen falsch zitiert wurde, verklagt die Zeitung auf Schadenersatz. Am Ende muss der freie Journalist dafür gerade stehen.

Eine Vermögensschadenhaftpflicht für den Media-Bereich – auch Media-Haftpflicht genannt – sichert solche Schäden (und Forderungen Dritter) wegen der Tätigkeit des Journalisten ab. Sollte sie zumindest.

Doch dann das böse Erwachen: Nicht jede Media-Haftpflicht sichert Rechtsverletzungen wie z.B. Urheberrechts-, Namens-  oder Persönlichkeitsrechtsverletzungen umfassend ab. Viele Anbieter halten sich durch Ausschlüsse in den Bedingungen Rückzugmöglichkeiten offen. Zum Beispiel legen sie in den Bedingungen fest, dass vor der Veröffentlichung eine rechtliche Prüfung, stattgefunden haben muss.

Im Klartext: Hat kein Anwalt den Artikel vor Veröffentlichung geprüft, werden auch keine Schadenersatzforderungen übernommen. In der Realität ist das nicht umsetzbar, die Prüfung durch einen Anwalt würde mehr kosten, als für den Journalisten bei dem Artikel rumkommt. Deshalb: Immer darauf achten, dass die Media-Haftpflicht Rechtsverletzungen ohne Prüfung versichert.
Hinweis: Transparent und damit verbraucherfreundlich sind Versicherungsbedingungen welche die versicherten Rechtsverletzungen konkret aufzählen.

Fazit: Ein freier Journalist ist nicht nur Kreativer, sondern auch Unternehmer. Will der Kunde keine weiteren Aufträge an den Redakteur vergeben, fällt das unter unvermeidbares unternehmerisches Risiko – dagegen kann man sich nicht absichern. Doch ein freiberuflicher Journalist muss nicht alle Risiken seines Berufes selbst tragen: Mit einer guten Media-Haftpflicht und einer Leistungserweiterung im Falle des Rücktritts des Auftraggebers vom Werkvertrag, ist der freie Journalist für die tägliche Schlacht in der Medienbranche gut gerüstet.

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