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Shitstorm auf Bestellung: Ist Nestlé mit seiner Twitter-Fragestunde baden gegangen?

Soziale Netzwerke sind für Marketingagenturen eine wahre Goldgrube. Der Konsument wird mit nur wenigen Klicks in die eigene Strategie integriert und im Idealfall zum Werbebotschafter instrumentalisiert. Das Marketingteam der Firma Nestlé versucht aktuell auf Twitter sein Image aufzupolieren. Weg vom immer wieder kritisierten Lebensmittelkonzern, hin zum ehrlichen und transparenten Weltverbesserer?

Ein kritischer Blick auf die PR-Aktion von Nestlé beschäftigt mich heute auf meinem Blog.

Erfolg oder Misserfolg für Nestlé?

Die Idee hinter der Kampagne ist denkbar einfach. User nutzen auf Twitter den Hashtag #FragNestlé um die drängendsten Fragen zum Konzern oder zu Produkten direkt ans Unternehmen richten zu können. Nun dürfte nur wenigen verborgen geblieben sein, dass Nestlé schon seit Jahren mit Imageproblemen zu kämpfen hat. Angefangen bei der Frage nach frei zugänglichem Wasser in Afrika, über die Verwendung von Palmöl als Rohstoff, bis hin zu Müllbergen durch Nespresso-Kapseln: Nestlé muss sich viel Kritik gefallen lassen.


Deshalb war ich auch nicht überrascht, als die #FragNestlé Aktion binnen kürzester Zeit zum Spießrutenlauf für den Nahrungsmittelkonzern wurde. Schnell unkte das Netz, die Marketingaktion wäre nach hinten losgegangen oder Nestlé hätte sich wohl deutlich verschätzt, was das eigene Image betrifft.


Doch ist die Aktion tatsächlich baden gegangen? Oder haben die Marketingverantwortlichen versucht, eine Art „Entgiftungskur“ zu starten? Das ganze Ungesunde muss raus, damit es am Ende besser wird? So versucht es – in etwas hübscheren Worten – der Kommunikationsverantwortliche von Nestlé zu beschreiben.


Doch auch diese Erklärung stößt bei den Twitter-Nutzern auf ungnädige Reaktionen. Denn die #FragNestlé Aktion hatte noch einen weiteren Hintergrund. Die ARD hat in seinem „Markencheck“ den Nahrungsmittelkonzern unter die Lupe genommen. Das Ausstrahlungsdatum? Am Tag der #FragNestlé Kampagne. Zusammenfassend bleibt meiner Meinung nach ein schaler Beigeschmack bei der Aktion. Der Shitstorm auf Bestellung hat zwar funktioniert, doch wurde das Ziel damit erreicht? Für mich fühlt es sich zumindest nicht so an. Denn die Antworten, die der Konzern auf kritische Fragen der User gibt, wirken unemotional und oberflächlich. Ich stehe mit meiner Meinung nicht alleine, viele User twittern ihren Ärger.

Kalkuliertes Risiko?

Ich habe tagtäglich Fälle auf meinem Schreibtisch, in denen Marketingagenturen vom Kunden für missglückte Aktionen in Haftung genommen werden. Deshalb finde ich die PR-Aktion von Nestlé ganz besonders spannend. Denn das Urteil, ob #FragNestlé gelungen ist, wird am Ende das Unternehmen fällen und im Zweifel die Marketingagentur zur Verantwortung ziehen.

Die Entscheider im Nahrungsmittelkonzern waren sich bestimmt bewusst, dass bei unkontrollierbaren Social-Media-Aktionen auch negative Tweets kommen werden. Doch wurde auch damit gerechnet, dass die Stimmung, die nach der Nestlé Fragestunde beim User zurückbleibt, nicht unbedingt besser ist als zuvor?

Das Nestlé Beispiel zeigt, wie schwer eine eindeutige Definition von Erfolg und Misserfolg bei Marketingaktionen ist. Deshalb empfehle ich aus Erfahrung, dass Marketingagenturen dem Kunden schon im Pitch die Risiken der geplanten Kampagne deutlich aufzeigen. So wird das Risiko reduziert, nach der Kampagne einen desillusionierten Kunden zurückzulassen, der am Ende mit einer Schadenersatzforderung auf die Marketingagentur zukommt.

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