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„Berlin ist die Hauptstadt des Scheiterns“ – Interview mit Sascha Schubert zu Fail Potentials und Erfolgsgeschichten von Startups

Es soll ein ganz besonderer Gründerspirit sein, der durch die Startup-Szene Berlins weht. Die Hauptstadt – ein Melting Pot der Hipster-Kultur, der kreativen Ideenverwirklicher und der Investoren – von Vielen auch liebevoll „Deutsches Silicon Valley“ genannt. Doch was steckt hinter diesem Mythos? Das hat mich als „normalen bayerischen“ Gründer schon immer interessiert. Als mein Mitarbeiter Philipp Locher deshalb vor Kurzem in der Hauptstadt war, hat er sich mit einem getroffen, der wie kein Anderer in der Startup-Szene Berlins vernetzt ist: Sascha Schubert. Er ist Vorstandsmitglied des Entrepreneurs’ Club Berlin e.V. und hat im vergangenen Jahr die FailCon nach Deutschland gebracht – wo es zum ersten Mal authentisch und ehrlich um die Themen Scheitern, Misserfolge aber auch die Lehren daraus für Existenzgründer.

„StartUps sind ökonomische Experimente, Scheitern oder Fehlversuche sind Teil des Experimentes und nichts Besonderes, Ärgerliches oder Verdammenswertes“, sagt Einer, der es wissen muss: Sascha Schubert, Initiator FailCon.

Also Einer, der es wissen muss. 🙂 Kurzerhand habe ich deshalb bei Sascha angerufen. Herausgekommen ist ein Gespräch über die Vorbilder aus Amerika, über Scheitern und Wiederaufstehen – und über das Risikobewusstsein, das vielen Existenzgründern fehlt. Meine 5 Fragen an…

Die Startup-Szene in Berlin wird auch „Deutsches Silicon Valley“ genannt. Was ist bei Euch anders, als anderswo?

Ich persönlich mag den Vergleich mit dem Silicon Valley nicht, er vermittelt den Eindruck als wäre Berlin schon ein stabiles Ökosystem. Das ist aus unterschiedlichen Gründen noch nicht der Fall, Berlin ist aber auf einem guten Weg. Berlin hat einige Besonderheiten im Vergleich zu anderen Städten die das Entstehen der StartUp Szene gefördert haben.

Berlin ist eine interessante Stadt, viele der 220.000 Studierenden wollen nach Ihrem Studium gern in Berlin bleiben, es gibt aber nur wenige Großunternehmen als Job Alternative. Das ist ein enormes Potential an Talent, Fleiß und Neugier.
Gleichzeitig ist die Stadt Anziehungspunkt für Kreative aus aller Welt, es gibt große internationale Communities aus Frankeich, Spanien, Schweden usw.

Berlin ist auch die Hauptstadt des Scheiterns, das mag niemand so recht hören und vermutlich lachen die Bayrischen Leser jetzt, aber StartUps sind ökonomische Experimente, Scheitern oder Fehlversuche sind Teil des Experimentes und nichts Besonderes, Ärgerliches oder Verdammenswertes. In Berlin ist das deutlich akzeptierter als in anderen Städten.

Talent, Neugier, internationale Offenheit, Lust zum Experiment werden inzwischen durch ein aktives Netzwerk von Business Angels und institutionellen Investoren (VC) vervollständigt.

Apropos Silicon Valley: Im Mai hast Du im Rahmen der Silicon Valley Week eine Exkursion dorthin gemacht. Was war Dein Eindruck – und vor allem: Was sollten die deutschen Gründer von dort definitiv übernehmen?

Die Geschäftsmodelle als Copy Cat (lacht).

Die Gründer und Unternehmer im Valley haben eine gewisse Selbstverständlichkeit darin groß zu denken, 500 Mio. Umsatz oder 1Mrd. Unternehmenswert gehen dort leichter über die Lippen. Jeder wachstumsorientierte Gründer sollte sich Zeit etwas nehmen z.B. das Valley oder Tel Aviv zu besuchen oder in einem der StartUps dort zu arbeiten.

Wie schätzt Du das Risikobewusstsein der jungen Gründer ein – vor allem in Bezug auf Haftungsrisiken?

Ich glaube die meisten Erst-Gründer schätzen ihr Risiko zu niedrig ein, das ist aber auch gut so. Am Traualtar wird man auch nicht an die Scheidung denken, obwohl 50% aller Ehen scheitern. Um eine Vision zu verfolgen muss man positiv denken, der Finanzmathematiker der alle Risiken kalkuliert ist da eher fehl am Platz. Das ist keine Aufforderung planlos zu agieren und seine Zahlen nicht im Blick zu haben.

Aber ohne selbst überzeugt zu sein wird man auch keine Mitarbeiter, keine Kunden und Investoren überzeugen können.

Wo lauert Deiner Meinung nach das größte Fail- und Schaden-Potential?

Die größten zwei rechtlichen Risiken sind private Bürgschaften und Insolvenzverschleppung und selbst wenn man das weiß, lässt sich beides unter Umständen nicht vermeiden. Der Gesetzgeber hat ein Alttestamentarisches Insolvenzrecht geschaffen, dass Banken nichts nützt, weil die Gläubigerbefriedigungsquoten unter 5% liegen, gleichzeitig aber den Neustart von Unternehmern verhindert.

Das größte Fail Potential für StartUp ist oft schlicht und einfach die Tatsache, dass es keinen oder noch keinen Markt für das Produkt gibt. Gerade Erst-Gründer scheitern aber auch oft an der Team Dynamiken, zu viel Ego und zu langes fest halten an Entscheidungen die nicht richtig waren.

Welche Tipps kannst Du jungen Gründern (aber vielleicht auch „alten Hasen“ im Geschäft) mit auf den Weg geben?

Ich würde den jungen Gründern den Rat geben mit alten Hasen zu sprechen. Nicht mit Beratern sondern mit Leuten die seit 5, 10 oder 15 Jahren ein Unternehmen führen das sie selbst gegründet haben, sucht Euch Mentoren und hört Ihnen zu.

Alten Hasen kann ich keinen Rat geben aber vielleicht eine Bitte, engagiert Euch, gebt Euer Wissen weiter, sucht Euch ein Netzwerk oder eine Uni wo ihr Gründern als Mentor helft. Das ist ein wenig Arbeit aber auch viel Spass.

Über Sascha Schubert

Sascha Schubert ist Unternehmer aus Leidenschaft, seit 15 Jahren engagiert er sich ehrenamtlich in den Bereichen Entrepreneurship und social Entrepreneurship.

2008 gründete er spendino. spendino ist führender Anbieter webbasierter Spendenmanagementsysteme, hiermit können gemeinnützige Organisationen einfach Spenden im Internet und über mobile Endgeräte sammeln und Daten verwalten. Vor spendino gründete er das Social Network bondea, das “no earnings but learning’s Start Up” in seinem Unternehmerleben.

Er ist Vorstandsmitglied des Entrepreneurs’ Club Berlin e.V. und Mitgründer des Bundesverbandes Deutscher Startups e.V. 2012 brachte er die FailCon nach Deutschland, die die Themen Scheitern und Neustart thematisiert.

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