Webinare, Produkt- oder Service-Vorstellungen, Sales-Events und so weiter: Livestreaming gehörte schon vor der Corona-Pandemie zu den beliebtesten Features im Onlinemarketing und hat seitdem nochmal zugelegt. Die absoluten Livestream-Profis kommen aber eigentlich nicht aus der Welt der Unternehmenskommunikation, sondern aus dem Bereich der Unterhaltung: Influencer:innen und Streamer:innen, die ihre Inhalte auf sozialen Netzwerken präsentieren und damit ein Millionenpublikum erreichen. Wie sie das machen und was wir dabei von ihnen lernen können, habe ich mir einmal genauer angesehen.
27,89 Milliarden Stunden verbrachten Nutzer:innen 2020 damit, Livestreams auf Twitch, YouTube und Facebook anzusehen – eine Steigerung von 78,44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der große Anführer bei den Streaming-Portalen ist dabei nach wie vor Twitch. Laut dem Report von StreamLabs haben Zuschauer im letzten Jahr insgesamt 18,41 Milliarden Stunden auf der Plattform verbracht und laut Twitch selbst besuchen sie täglich etwa 30 Millionen Menschen. Der Großteil der gesendeten Inhalte kommt nach wie vor aus dem Gaming-Bereich, doch wie ich bereits in einem früheren Blog-Artikel schrieb, entdecken auch immer mehr Freelancer und Unternehmen die Plattform für sich. Besonders im letzten Jahr, in dem Livestreaming deutlich an Wichtigkeit dazugewann.
Mir erschien die Idee hinter Gaming-Livestreams immer etwas befremdlich: Warum sollte ich jemanden beim Spielen eines Games zuschauen, wenn ich stattdessen einfach auch selbst spielen könnte? Vor allem, wenn es dabei nicht einmal um einen Wettkampf geht. Hier dürfte ich mich vor kurzem gleich in zweierlei Hinsicht verbessern lassen: Erstens verfügen die meisten Games mittlerweile über einen Wettkampfaspekt (entweder Team gegen Team oder zum Beispiel Aufgaben oder Rätsel, die innerhalb einer bestimmten Zeit gelöst werden müssen) und zweitens: Es geht den Zuschauern eines Livestreams meist nicht so sehr um das Game, sondern darum, wer es spielt.
Streamer:innen sind in erster Linie Entertainer, ähnlich wie TV-Moderatoren, mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass ihre Shows im Durchschnitt zwei bis vier Stunden dauern und sie diese drei bis viermal die Woche senden. Genau wegen Letzterem denke ich, dass es durchaus lohnenswert ist, sich einmal genauer anzuschauen, was es mit diesen Livestreams auf sich hat. Ein Publikum von oft mehreren tausend Menschen (bei bekannten Streamer:innen) über mehrere Stunden hinweg zu unterhalten und das mehrmals die Woche, dafür muss es doch einen Trick geben! Wie sich herausstellte, gibt es sogar mehrere und einige davon lassen sich auch für Livestreams im Business-Bereich adaptieren. Die folgenden Tipps sind vom Angebot der Streamer:innen auf verschiedenen Plattformen inspiriert.
Für Zoom-Meetings mag die Kombination Laptop-Webcam, Handy-Kopfhörer und Schreibtischlampe ausreichen, für einen Livestream solltest du aber dringend upgraden. Für einen professionellen Livestream brauchst du ein Setup, das mindestens diese Komponenten beinhaltet:
Optional dazu kommen weitere Lampen zur Ausleuchtung, sowie eventuell ein Greenscreen um den Hintergrund auszublenden. Letzteres wird vor allem dann interessant, wenn du Einblendungen nutzt (siehe Tipp 5).
Neben der Aufnahmetechnik spielt auch deine Internetverbindung eine wichtige Rolle. Daher gilt: keinen Stream über WLAN, sondern am besten immer über Ethernet und mit einer ausreichenden Bitrate. Twitch selbst listet auf der Encoding-Webseite einige Daten zur Geschwindigkeit des Internets auf, demnach sollte deine Internetleitung für einen guten Livestream folgende Bitraten bereitstellen:
Natürlich basieren diese Bitraten auf der Annahme, dass die/der Streamer:in gleichzeitig auch ein datenintensives Computer- oder Videospiel aufzeichnet, dennoch würde ich sie als Richtwert nehmen. Zu viel ist in diesem Fall auf jeden Fall besser als zu wenig.
Natürlich basieren diese Bitraten auf der Annahme, dass die/der Streamer:in gleichzeitig auch ein datenintensives Computer- oder Videospiel aufzeichnet, dennoch würde ich sie als Richtwert nehmen. Zu viel ist in diesem Fall auf jeden Fall besser als zu wenig.
Ebenso wichtig wie das technische Setup ist auch die Gestaltung des Ortes, an dem du deinen Livestream machst. Dabei gilt generell für den Hintergrund: Keine Fenster (wegen der Spiegelung), keine offenen Türen (so vermeidest du „Überraschungsgäste“ im Stream) und keine Pflanzen oder längliche Gegenstände, die hinter deinem Kopf stehen (das sieht im schlimmsten Fall aus, als würde dir etwas aus dem Kopf wachsen). Zudem empfiehlt es sich, Livestreams immer an einem ruhigen Ort ohne Störungen abzuhalten und – bei entsprechender Ausleuchtung – auch Fenster abzudunkeln. Natürliches Licht sorgt meist auch für wechselnde Lichtverhältnisse, zum Beispiel wenn Wolken über den Himmel ziehen oder es aufklart. So kann es passieren, dass das Licht während deines Streams plötzlich zu dunkel beziehungsweise zu hell wird.
Bevor du mit deinem richtigen Livestream startest, mache eine Testaufnahme. Auf Plattformen wie Twitch oder YouTube gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, für eines ungelisteten Streams – also ohne Tags oder ähnliches, sodass die Übertragung nicht gefunden wird. Durch so einen Testlauf siehst du, ob die Lichtverhältnisse gut sind, Ton und Kamera funktionieren, wie deine Hintergrundumgebung wirkt und ob die Schnelligkeit deiner Internetleitung ausreicht. Die Testaufnahmen kannst du anschließend auch einfach wieder löschen.
Eine Sache, die sowohl Livestreams als auch hochgeladene Videos von Streamer:innen und Influencer:innen gemein haben: Du siehst nicht nur die Inhalte, sondern auch immer die Person vor der Kamera. Bei live aufgenommenen Gaming-Sessions auf Twitch sieht man immer auch die/den Spieler:in im Bild – meist klein in einer Ecke des Videos. Damit können die Zuschauer nicht nur sehen, was auf dem Bildschirm der Streamer:innen passiert, sondern eben auch was die Person vor der Kamera tut und wie sie/er zum Beispiel auf Fragen der Zuschauenden oder das Spielgeschehen reagiert. Meine Empfehlung für dich: Nutze diese Technik ebenfalls. So bist du nicht bloß eine körperlose Stimme, die gezeigte Inhalte kommentiert, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut, mit dem dein Publikum interagieren kann.
Es gibt wahrscheinlich keinen Spruch, der abgedroschener ist als: Sei du selbst! Doch das ändert nichts an seiner universellen Gültigkeit. Das was bekannte Streamer:innen und Influencer:innen von der riesigen unbekannten Masse abhebt, ist ihre Persönlichkeit. Eines der Markenzeichen von Erik Range aka. Gronkh, dem wohl bekanntesten deutschen Streamer im Gaming-Bereich, ist etwa sein Humor, während Kevin „Papalatte“ Teller dagegen vor allem viel redet und Anissa „Anni The Duck“ Baddour ist für ihre bunte Spielauswahl und Gespräche mit den Zuschauern bekannt. Deshalb: Versuche auch im Livestream dich möglichst echt und authentisch zu geben, statt eine eingeübte Rolle zu spielen.
Eine der größten Herausforderungen bei Livestreams (oder auch vorab aufgenommen Videos) besteht in der Tatsache, dass du dein Publikum nicht siehst. Egal ob dir zehn oder zehntausend Menschen online zuschauen, sitzt du doch alleine in einem Zimmer und sprichst in eine Kamera. Um sich Feedback von den Zuschauern zu holen, wenden Streamer:innen daher eine simple Technik an: Sie reden mit ihrem Publikum. Eine Sache, die alle Live-Formate auf sozialen Netzwerken verbindet, ist die Chat-Funktion. Darüber können Zuschauer Fragen stellen, das Gesehene kommentieren oder sich auch untereinander unterhalten. Sie sind damit aber auch gleichzeitig ein Tool für die Streamer:innen, um mit ihrem Publikum zu interagieren. Indem sie auf Fragen und Kommentare eingehen, sie beantworten oder Vorschläge aufgreifen. Genau das solltest du auch in deinen Livestreams tun, denn so bringst du deine Zuschauer dazu, aktiv an deinem „Programm“ teilzunehmen, anstatt nur zuzuhören.
Dieser Punkt ergibt sich eigentlich aus dem vorangegangenen, dennoch will ich ihn nochmal separat aufgreifen. Wer sich mal einen Livestream (egal zu welcher Kategorie) angeschaut hat, der stellt fest: Je größer der Account, desto mehr wird in den Streams geredet – und zwar sowohl mit dem Publikum, als auch über persönliche Erlebnisse und Ansichten. Du musst nun in deinem Business-Livestream natürlich jetzt keine Geschichten aus deinem Privatleben zum Besten geben (es sei denn, sie passen zum Thema), aber du solltest darauf achten, Schweigen zu vermeiden. Deshalb: Rege einmal dein Publikum zur Interaktion an, überlege dir aber auch schon vorab, welche Rückfragen es zu deinen vorgestellten Inhalten geben könnte. So kannst du diese dann auch im Stream aufgreifen und beantworten, wenn das Feedback der Zuschauer erst einmal ausbleibt.
„Gefällt mir“ klicken, kommentieren, Kanal abonnieren – egal auf welchem sozialen Netzwerk du dich gerade befindest, die Aufforderung, sich noch weiter mit den gezeigten Inhalten zu beschäftigen, gibt es überall. Gerade deswegen solltest du sie in deinen Livestreams ebenfalls integrieren, angepasst natürlich darauf, was du erreichen willst. Du möchtest, dass die Zuschauer sich zu deinem nächsten Online-Workshop oder Webinar anmelden? Dann verlinke die relevanten Informationen auf deinem Kanal und sag den Leuten im Video, wo sie diese finden und was sie tun müssen. Du willst Produkte verkaufen? Dann biete in deinem Stream zum Beispiel speziellen Rabattcode an und sprich darüber. Neben dem Erzählen kannst du relevante Informationen auch immer wieder im Stream einblenden – bei den meisten Plattformen kannst du diese vorher konfigurieren und dann per Tastenklick aktivieren.
Alle diese Tipps zeigen: Der Business-Bereich kann viel von den Strategien und Techniken lernen, die Streamer:innen auf sozialen Netzwerken anwenden. Gerade für Coaches, die ihre Seminare und Workshops online anbieten wollen, lassen sich einige der vorgestellten Tipps gut anwenden und übernehmen, um die Livestreams zu verbessern. Aber auch Freelancer:innen und Unternehmen schadet es sicher nicht, sich mal das eine oder andere Streaming-Angebot auf Twitch genauer anzusehen. Ich denke nämlich, dass uns Themen wie Livestreams und Online-Kurse auch nach der Corona-Pandemie erhalten bleiben werden.
Weitere interessante Artikel:
Du denkst an ein Sabbatical, aber weißt nicht, wie du das Ganze angehen sollst? exali-Gründer…
Entscheidungen zu treffen ist nicht leicht, besonders wenn es ums Business geht. Im Blog teilt…
Wenn deine Kundschaft deine Preise infrage stellt, kommt es auf die richtige Reaktion an. Wie…
Welche Ziele soll ich mir für 2024 setzen? Was bringt mein Business voran? Antworten auf…
Was bedeutet finanzielle Bildung und wieso ist sie für Freelancer:innen und Selbständige wichtig? exali-Gründer Ralph…
Die Nutzung von kognitiven Verzerrungen fürs eigene Business kommt aus dem Neuromarketing. Im Blog zeigt…