Hintergründe

Ist Werbung sinnlos?

Wir alle kommen jeden Tag tausendfach mit Werbung in Berührung, sei es als Kunde oder Kundin oder weil wir sie selbst für unser Business in Auftrag geben. Manche geben viel Geld für Agenturen aus, andere versuchen selbst Werbung zu machen, oder verteilen ihr Budget an Google oder Facebook. Als CEO der exali AG gebe ich jedes Jahr ein nicht unerhebliches Budget für Werbung und Online-Marketing frei und frage mich dabei unweigerlich: bringt das eigentlich etwas? Oder ist Werbung am Ende sinnlos? Eine Kolumne aus der WirtschaftsWoche hat mich zum Nachdenken gebracht…

Bringt Werbung überhaupt was oder sorgt der Werbe-Overload für einen rasanten Rückgang der Werbewirksamkeit?

Kolumnist Thomas Koch widmet sich in der WirtschaftsWoche der provokanten Frage, ob Werbung in Wirklichkeit gar nichts bringt und Werbeprofis sowie Unternehmen sich letztendlich nur in die Tasche lügen. Unter anderem berichtet er von Professor Steve Levitt von der University of Chicago, der von einem Unternehmen, das eine Milliarde Dollar (!) pro Jahr für Werbung ausgibt, um Hilfe gebeten wurde. Das Unternehmen wollte wissen: Bringt diese milliardenschwere Werbung überhaupt etwas? Levitt ließ daraufhin in einem bestimmten Testgebiet die Zeitungswerbung für dieses Unternehmen streichen. Der Effekt war gleich Null – das Unternehmen machte dort im gleichen Zeitraum genauso viel Umsatz wie in den Bereichen, wo es noch Werbung schaltete.

Werbebudget: egal?

Es gibt noch weitere Beispiele: Die Konzerne Procter & Gamble sowie Unilever reduzierten vor einigen Jahren ihre Online-Werbung um 41 bzw. 59 Prozent und spürten nach eigener Aussage keinerlei Auswirkungen auf ihr Geschäftsergebnis. Ebenso erging es Uber, das sein Werbebudget um zwei Drittel reduzierte, ebenfalls ohne negative Effekte.

Auch Professor Steve Tadelis von der University of California berichtet von einem Experiment mit eBay. Für das Unternehmen stoppte er in einem Drittel des Marktes die komplette Google-Werbung. Der Umsatz fiel nur um ein halbes Prozent. So konnte er errechnen, dass eBay durchschnittlich 60 Cent von jedem eingesetzten Werbe-Dollar verlor, anstatt – wie das Unternehmen vermutete – 1,50 Dollar herauszuholen. Die Forscher konfrontierten sowohl Google als auch Facebook mit den Ergebnissen, erhielten jedoch keine Antworten.

Erreicht Werbung nicht mehr die Richtigen?

Ist die AdTech, also die Künstliche Intelligenz, die für digitale Werbung eingesetzt wird, vielleicht gar nicht so schlau, wie wir denken? Damit hat sich Marketing-Professor Nico Neumann aus Melbourne in verschiedenen Studien befasst. Dabei kam er zu dem Schluss, dass die Daten, die AdTech liefert, „unglaublich ungenau“ seien und außerdem die Menschen findet und anspricht, die ohnehin gekauft hätten. Zu diesem Ergebnis kommt nicht nur Neumann, auch andere Studien bestätigen diesen Effekt.

Werbe-Overload killt Werbewirksamkeit

Dass die Werbewirksamkeit immer mehr nachlässt, liegt auch am Werbe-Overload. Täglich sind Verbraucher:innen bis zu 10.000 Werbebotschaften ausgesetzt. Wir werden auf unzähligen verschiedenen Kanälen mit Werbung bombardiert. Die Folge: Unser Gehirn schaltet auf Durchzug, Unwichtiges wird einfach ausgeblendet. Studien zeigen außerdem, dass vor allem die Generation Z keine Lust mehr auf Werbung hat. Um diese zu erreichen, muss die Werbung einer Studie der Kreativagentur elbdudler zufolge zumindest humorvoll (50 Prozent) und interessant (37 Prozent) sein.

Nachlassende Werbewirksamkeit ist nichts Neues. Marketing-Verantwortliche, CFOs, CEOs und Unternehmer:innen seien jedoch schlicht zu ignorant, um dies zu begreifen und zu hinterfragen, was sie seit Jahrzehnten praktizieren – so Koch in seiner Kolumne.

Was hilft: Hinterfragen, überprüfen, anders machen

Stimmt das? Sollten wir unsere Werbeausgaben noch mehr überdenken und Erfolge oder Misserfolge strenger kontrollieren? In jedem Fall sollten wir uns für neue Werbemöglichkeiten aufgeschlossen zeigen, Bewährtes beibehalten und immer wieder überprüfen, ob das, „was man schon immer so gemacht hat“ noch funktioniert.

Da relevante Inhalte besonders in Erinnerung bleiben, ist die richtige Zielgruppenansprache immer wichtiger, ebenso wie Content-Marketing. Bei den jungen Zielgruppen stehen Influencer:innen ganz hoch im Kurs. Und die allermeisten lesen sich Bewertungen im Netz durch, deshalb sind Kunden-Referenzen besonders wertvolle Werbung. Als Selbständig:er sollte man in jedem Fall das Marketing nicht komplett aus der Hand geben: Es lohnt sich immer, Zahlen zu hinterfragen, sich die Basics anzueignen und Trends zu überprüfen. Dann ist Werbung – davon bin ich zumindest überzeugt – vielleicht doch nicht ganz sinnlos 😉

PS: Hier findest du die Kolumne von Thomas Koch aus der WirtschaftsWoche inklusive einem Podcast-Tipp („Freakonomics“), in den ich auch mal reinhören werde: Wirkt Werbung überhaupt nicht? Oder nur falsch?

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