Gerade noch stand die HuffPo Deutschland im Sturmfeuer der Kritik, weil Autoren NICHT bezahlt werden – jetzt sorgt die Bezahlung von Autoren der Wikipedia für erhitzte Gemüter. Ausgerechnet Wikipedia – die „neutrale Wissensquelle“. Erste und wichtigste Informationsquelle für tausende Schüler und Studenten, Nachschlagewerk und Allheilmittel gegen Bildungslücken. Das Ziel: unabhängig und objektiv die Welt erklären. Die Methode: Freiwillige, unbezahlte Autoren schreiben als Experten Artikel zu ihren speziellen Wissensgebieten, um ihre Kenntnisse mit Anderen zu teilen – ohne Hintergedanken oder Marketing-Absichten. Und ausgerechnet hier soll nun Geld an Autoren geflossen sein, die in scheinbar objektiven Wikipedia-Beiträgen Unternehmen lobend erwähnt haben…
Auch ich nutze die Wikipedia, wenn ich Infos zu einem bestimmten Thema brauche. Und auch meine Mitarbeiter in der Redaktion und in der Kundenbetreuung schätzen die Enzyklopädie als Recherchetool. Die internen Strukturen und Bewertungskriterien haben sich uns aber bis heute nicht erschlossen. Mein „Aufreger der Woche“ 🙂
Wissen haben ist nicht schwer, es als Wiki-Autor weiterzugeben dagegen sehr: Viele Stichworte rund um den Bereich Versicherung sind in der Enzyklopädie bereits vorhanden. Bislang gibt es allerdings noch keinen Fachbeitrag zur „Cyber-Versicherung“.
Da wir bei exali.de gerade den Baustein Datenschutz- und Cyber-Eigenschaden-Deckung eingeführt haben, habe ich mich mit dem Thema ausführlich auseinandergesetzt. Und weil das Thema in Zeiten steigender Cyberkriminalität für viele sicherlich von großem Interesse ist, habe ich mich dazu entschieden, selbst als Autor auf Wikipedia tätig zu werden, mein Wissen objektiv und allgemein gehalten weiter zu geben.
Einfacher gesagt, als getan. Denn schon das Erstellen eines Benutzerprofils machte Probleme: Um deutlich zu machen, dass ich etwas vom Fach verstehe und weiß, wovon ich spreche, schrieb ich kurz und knackig einen Text zu meinem beruflichen Werdegang sowie persönlichen Hintergrundinfos. Doch schon zwei Minuten später erhielt ich die Nachricht, dass mein Profil gelöscht worden war: Wikipedia sei nicht zur Eigendarstellung da, erklärte mir ein übereifriger Wikipedianer kurz angebunden. Der zweite Versuch wurde glücklicherweise akzeptiert – anders als mein Artikel.
Der wartet seit mehr als einem Monat darauf, freigegeben zu werden. Dabei steht auf der Hilfeseite für neue Autoren geschrieben, dass neue Artikel recht schnell nach dem Speichern von erfahrenen Wikipedianern gesichtet werden.
Die „Sichter“ sind aber wohl gerade alle im Urlaub – oder haben sie nur keine Lust, sich mit einem Versicherungsthema auseinanderzusetzen?! Vielleicht muss (Vorsicht: Sarkasmus) wohl doch erst Geld fließen…?!
Genau das sorgt nämlich gerade für Aufregung: In Amerika sollen hunderte Wikipedia-Autoren dafür bezahlt worden sein, Artikel über Unternehmen und deren Produkte zu schreiben und zu veröffentlichen.
Klar: Für Unternehmen ist es lohnenswert, auf Wikipedia erwähnt oder verlinkt zu werden – einen größeren Leserkreis als dort kann man wohl kaum bekommen. Allerdings verstoßen werbliche Texte gegen die Konventionen der Wikipedia.
Das Ziel, eine „neutrale Quelle“ zu sein, würde dadurch ad absurdum geführt. Und das hat Konsequenzen: Als Reaktion auf die bezahlte Manipulation wurden inzwischen mehr als 250 Benutzerprofile gesperrt oder gleich ganz gelöscht. Zwar darf an Wikipedia jeder mitarbeiten der möchte, allerdings gibt es strenge Vorschriften, an die man sich dabei halten muss. Die Artikel der sogenannten Sockenpuppen, das sind zusätzliche Accounts eines Benutzers, um weitere künstliche Identitäten agieren zu lassen, schafften es aber dennoch durch das Prüfungsverfahren.
Haben die Kontrollinstanzen bei Wikipedia versagt? Taugt das „Jeder-kontrolliert-jeden“-Modell vielleicht gar nichts?
Eigentlich nicht. Denn um die Artikel der bezahlten Autoren „am Leben zu erhalten“, war eine ganze Armee von Sockenpuppen notwendig. In Löschungs- oder Verbesserungsdiskussionen verteidigten hunderte fiktive Identitäten die Artikel, in denen meist Unternehmen lobend beschrieben werden. Zahlreiche Löschungsverfahren konnten auf diese Weise abgewendet werden.
Nun aber kam der ganze Schwindel ans Licht: Eine amerikanische Firma namens Wiki-PR verkauft Wikipedia-Artikel an Unternehmen – für 2000 Dollar pro Beitrag. Sie wirbt damit, Einträge nach den offiziellen Maßstäben der Wikipedia anzulegen.
Deren Kriterien und Regeln einzuhalten, ist gar nicht so einfach. So sollen auch Wissenschaftler in Seminaren lernen, Artikel für Wikipedia zu verfassen und den Menschen dadurch Zugang zu ihrem Wissen zu verschaffen. Am Deutschen Archäologischen Institut (DAI) wurde dafür ein extra Mitarbeiter angestellt – Marcus Cyron, der erste deutsche „Wikipedian in Residence“.
Seine Anstellung löste 2012 ebenfalls Diskussionen darüber aus, ob jemand für das Verfassen von Einträgen bezahlt werden dürfe. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied: Das DAI ist kein profitorientiertes Unternehmen und verfügt zudem über großartige Wissensschätze. Diese zu identifizieren und durch Wikipedia-Texte auch Nichtspezialisten zugängig zu machen, ist Cyrons Aufgabe.
Und schließlich müssen auch die Texte der DAI-Mitarbeiter den strengen Blicken der Wikipedianer standhalten…
Mal sehen, vielleicht schaffe ich es ja auch irgendwann zum Wikipedian in Residence 🙂 Fürs Erste wäre ich aber schon damit zufrieden, meinen ersten Artikel endlich auf Wikipedia veröffentlicht zu sehen.
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