Finanzen sind für die meisten Freelancer:innen und Selbständigen ein unliebsames Thema – ich selbst bin da keine Ausnahme. Schon allein aus diesem Grund lagern viele diesen eher lästigen Part der Selbständigkeit gern an Fachleute aus, sobald genug finanzielle Ressourcen dafür vorhanden sind. Dagegen ist per se auch nichts einzuwenden, allerdings sollte diese Option niemals eine Ausrede sein, sich nicht mit den eigenen Finanzen zu beschäftigen. Warum ein Verständnis für dieses Thema so wichtig ist, verrate ich dir in diesem Blogbeitrag.
Finanzielle Bildung – mehr als ein notwendiges Übel
„Über Geld spricht man nicht“. Diese Mentalität ist in Deutschland sehr verbreitet und sorgt leider dafür, dass viele Freelancer:innen und Selbständige Finanzen noch immer als trockenes Thema empfinden, das sie lieber umschiffen würden – und Viele tun genau das. Doch gerade, wer ein eigenes Business führt, sollte die eigenen Finanzen nicht ausschließlich anderen überlassen. Das heißt nicht, dass du Expertin oder Experte für Buchhaltung und Steuern werden musst. Aber es ist wichtig, dass du weißt, wie es um deine Finanzen bestellt ist.
Ich selbst überlasse das Thema Finanzen mittlerweile zwar den Profis, doch nicht ohne deren Arbeit regelmäßig zu überprüfen (was übrigens auch eine meiner Sorgfaltspflichten als Vorstand ist). Mit den Jahren habe ich gelernt, wie wichtig es ist, die Dinge immer wieder zu hinterfragen – auch wenn sie von Leuten kommen, die sich gut auskennen. Das geht aber nur, wenn man sich mit der Materie zumindest grundlegend beschäftigt hat. Aber wieso ist das ausgerechnet im Bereich Finanzen so wichtig?
Tipp: Buchhaltung, Website, Projektmanagement, Cybersicherheit… Wenn du ein eigenes Business führst, musst du über eine Menge Dinge den Überblick behalten. Dafür gibt es zum Glück digitale Unterstützung. Mehr erfährst du im Artikel 25 nützliche Tools für Freelancer:innen.
Finanzverständnis – die Basis für eine gesicherte Existenz
Grundsätzlich gilt: Nur, wer sich mit seinen Finanzen auskennt, hat auch die Kontrolle darüber und kann langfristig sicher planen. Das erlaubt dir eine gewisse Freiheit, wenn es darum geht, dein Leben zu gestalten. Denn letzten Endes willst du ja von deinem Business leben, Rücklagen bilden und auch im Alter finanziell gut aufgestellt sein (so, wie sich das gesetzliche Rentensystem aktuell entwickelt, bleibt dir nichts anderes übrig, als privat vorzusorgen).
Außerdem möchtest du ja sicher auch mal Urlaub machen oder dir anderweitig Wünsche erfüllen. Zudem ist es bei einem gesundheitlichen Ausfall oder einer Auftragsflaute wichtig, Reserven zu haben, auf die du zurückgreifen kannst. Für all diese Vorhaben benötigst du einen gewissen Betrag, der Monat für Monat verlässlich verfügbar ist. Und da führt an einem gewissen finanziellen Grundverständnis kein Weg vorbei.
Finanzielle Bildung: Wo fängst du an?
Sich mit den eigenen Finanzen auseinanderzusetzen, kann je nach Art der Selbständigkeit verschiedene Ausmaße annehmen. Natürlich gibt es die Möglichkeit, dass du deine komplette Buchhaltung selbst übernimmst, anstatt sie an andere abzugeben. In meinen Augen ist das aber nicht immer realistisch und auch gar nicht notwendig, um dich finanziell zu bilden. Du kannst damit viel einfacher anfangen.
Verschaff dir einen Überblick
Im ersten Schritt ist es immer gut, einen generellen Überblick über deine Einnahmen und Ausgaben zu haben. So weißt du nicht nur, ob du wirtschaftlich arbeitest, sondern findest auch Stellschrauben, an denen du drehen kannst, um deine Kostenstruktur zu verbessern. Vielleicht lassen sich die Fixkosten ja durch einen Wechsel zu günstigeren Providern oder dem Arbeiten in CoWorking-Spaces senken? Oder es gibt eine Bank, die weniger Kontoführungsgebühren verlangt, als deine aktuelle? Halt die Augen offen – dann findest du schnell heraus, wo sich noch Möglichkeiten zur Optimierung ergeben.
Tipp: CoWorking ist nicht nur eine gute Möglichkeit, um Kosten und Ressourcen zu sparen, es bietet dir auch viele Vorteile beim Netzwerken. Mehr dazu findest du in diesem Blog-Artikel: Coworking – Vorteile für Freelancer:innen und Selbständige
Gerade bei wichtigen Dingen wie der Steuererklärung oder der Umsatzvoranmeldung empfehle ich allerdings dringend die Zusammenarbeit mit Steuerberater:innen. Es schadet aber nicht, wenn du dich auch hier daran beteiligst und dir zumindest ein Grundverständnis dafür aneignest.
Verschiedene Konten für verschiedene Zwecke
Noch viel wichtiger ist jedoch, dass du ein Geschäftskonto einrichtest, dessen Zahlungseingänge und -ausgänge ausschließlich in Zusammenhang mit deiner unternehmerischen Aktivität stehen. Zusätzlich empfiehlt sich ein Konto für dein privates Vermögen und jeweils noch eines für Steuern sowie monatliche Rücklagen. Das schafft Transparenz und auf diese Weise ist auch die Versuchung, Geld einfach auszugeben nur weil man es gerade eben zur Verfügung hat, wesentlich geringer.
Sparen, sparen, sparen
Auch das Thema Sparen ist eine unverzichtbare Säule der finanziellen Bildung. Am besten du legst jeden Monat einen gewissen Prozentsatz deines Einkommens direkt zurück. Wichtig ist, dass du dir dabei ein realistisches Ziel setzt, das du gut einhalten und bei Bedarf an deinen Umsatz anpassen kannst. Die so angesparte Summe dient dann als Notgroschen für schlechte Zeiten oder Unvorhergesehenes. Ersparnisse in Höhe von drei Monatseinkommen sind für den Anfang ein gutes Ziel.
Vorsorge nicht vergessen!
Allerdings solltest du deine Finanzen nicht nur für die nächste Zeit, sondern auch wesentlich langfristiger planen. Viele Freelancer:innen und Selbständige denken überhaupt nicht oder erst viel zu spät an ihre Vorsorge und kommen deswegen im Alter kaum über die Runden. Damit dir das erspart bleibt, möchte ich dir dringend ans Herz legen, mit versierter und seriöser Unterstützung einen Blick für eine sinnvolle Vorsorge und Vermögensbildung zu entwickeln. So hast du gute Chancen, ein für dich passendes Vorsorgemodell zu finden, für das du regelmäßig einen gewissen Betrag entrichtest. Der Faktor Zeit spielt eine große Rolle beim Aufbau von Vorsorgekapital und muss daher von Anfang an mitgedacht werden.
In diesem Zusammenhang sollte dir allerdings stets bewusst sein, dass jede:r externe Berater:in, die/den du zurate ziehst, eigene Ziele verfolgt. Ich möchte dich damit nicht dazu anhalten, jeder/m grundsätzlich zu misstrauen. Dennoch sollte dir klar sein, dass überall Abhängigkeiten bestehen und dir nicht immer automatisch die Lösung zur Verfügung gestellt wird, die für dich am besten ist.
Finanzielle Bildung hilft dir dabei, diese Abhängigkeiten zu erkennen, Angebote einzuschätzen und deine Interessen auch gegenüber Externen fundiert zu vertreten. Mittlerweile gibt es in Deutschland um die 300 Honorarberater:innen, die ähnlich wie Anwältinnen, Anwälte und Steuerberater:innen zu finanziellen Belangen produktunabhängig beraten. Auch wenn der Aufwand berechnet wird, kann dies langfristig eine sehr gute und transparente Alternative zur herkömmlichen anbieterabhängigen Beratung sein.
Bilde dich
Googelst du online nach dem Schlagwort „Finanzielle Bildung“, begegnest du einer Flut von Angeboten, Kursen und Anbieter:innen – die sind mal mehr und mal weniger seriös. Trotzdem halte ich es nicht für sinnvoll, sich einem so wichtigen Thema ausschließlich allein zu stellen. Kümmerst du dich nur nach dem Prinzip „Learning by doing“ um deine Finanzen, ist das Risiko für finanzielle Verluste aufgrund von Fehlentscheidungen groß.
Übrigens: Wenn du mit deinem Business langfristig bestehen willst, darfst du nie aufhören dazuzulernen. Das muss aber keine anstrengende Pflichtübung werden, sondern kann sogar richtig Spaß machen. Wie das geht, verrate ich dir im Artikel Weiterbildung, Schulung, Fortbildung: Ein Leben lang erfolgreich lernen.
Eine nützliche Zusatzoption ist natürlich das Selbststudium. Es existieren reihenweise Bücher, Videos, Blogs und Websites zum Thema. Damit dieser Content dich aber wirklich weiterbringt, benötigst du jede Menge Disziplin, um in Eigenregie zu lernen und die Fähigkeit, dich selbst zu motivieren.
Selbstverständlich kannst du auch Kurse belegen. Eine geführte Weiterbildung gibt dir Struktur und ermöglicht dir den Austausch mit anderen, die vielleicht vor ähnlichen Fragen stehen wie du. Triff deine Wahl hier aber mit Bedacht und stütze dich am besten auf die Erfahrungswerte von Menschen, auf deren Meinung du vertraust. Lass in jedem Fall die Finger von unseriösen Angeboten, die dich mit Versprechen von schnellem Reichtum ködern wollen.
Fang einfach an
Die Punkte, die ich dir hier vorgestellt habe, musst du nicht alle auf einmal umsetzen. Doch damit du nicht in Schockstarre verfällst und überhaupt nichts unternimmst, solltest du mit einer Maßnahme beginnen, die dir leichtfällt und dich anschließend Schritt für Schritt voran arbeiten. Sobald du dich gut aufgestellt und breit fühlst, etablierst du den nächsten Punkt.
Auf diese Weise hast du regelmäßig Erfolgserlebnisse, die dafür sorgen, dass du dranbliebst und dem Thema Finanzen einen festen Platz in deinem Freelancer-Dasein einräumst. Lass dich also von der vermeintlichen Komplexität der Thematik nicht abschrecken. Denn: Dich finanziell gut aufzustellen ist nur möglich, wenn du nicht alles als gegeben hinnimmst und die Dinge hin und wieder auch mal hinterfragst. Recherchiere selbst, tausche dich mit anderen aus und lege die „Über-Geld-spricht-man-nicht“-Mentalität ab – so kannst du in eine sichere finanzielle Zukunft starten.
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