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Ralph Günther
exali-Gründer | Versicherungsexperte

„Wer den ersten Schritt nicht geht, kommt nirgendwo an“: Rechtsexpertin Nina Diercks zur Laissez-faire-Mentalität im Netz und Herausforderungen 2014

Wenn das Geschäftskonzept das Herz ist, der Web-Auftritt das gepflegte Äußere, die IT-Struktur das Gehirn – dann sollte das Vertragswerk dahinter, das „Herz-Kreislauf-System“, nicht vernachlässig werden. Wird es aber – und die kleinste verstopfte Arterie schnell zum größten Problem, sagt Rechtsexpertin Nina Diercks. Die Gründerin des Social Media Recht Blog ist eine der Influencer, die ich gefragt habe, welche Herausforderungen, Risiken aber auch Chancen 2014 auf Freelancer im Netz warten. Herausgekommen ist dabei ein spannender Insider-Blick durch die rechtliche Brille, der deutlich macht: Es sind die vermeintlich „unspektakulären“ Themen, die auch in diesem Jahr Freelancer in Atem halten.

Rechtsanwältin Nina Diercks zu Themen und Trends 2014, die Freelancer beim Business im Netz erwarten. Ein Insider-Blick durch die rechtliche Brille.
„Wer den ersten Schritt nicht geht, der kommt bekanntermaßen nirgendwo an“: Ein Insider-Blick durch die rechtliche Brille durch Anwältin Nina Diercks – auf die Herausforderungen, Risiken aber auch Chancen von Freiberuflern und Unternehmen im Netz 2014.

Im Interview bringt Rechtsanwältin Nina Diercks auf den Punkt, warum sich Gründer als auch alteingesessene Unternehmen durch eine gewisse „Laissez-faire-Haltung“ im Internet (immer noch) angreifbar machen – und warum es Zeit wird, nicht nur im Zusammenhang mit rechtlichen Themen den ersten Schritt in die richtige Richtung zu gehen, um irgendwann anzukommen.

Der Blick in die Glaskugel: Welche Themen (Risiken) halten 2014 die Netzgemeinde in Atem?

Meine Glaskugel sagt mir, dass die NSA-Affäre und alles, was eben mit der Überwachung im Internet zu tun hat, weiterhin hoch auf der Agenda stehen wird. So hoffe ich zumindest. Denn wie ich schon im Juli 2013 im Artikel Verschlüsselt doch einfach die Emails! Oder: Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in Zeiten von #PRISM und #TEMPORA schrieb, stehen nicht weniger als unsere Grundrechte Gefahr.

Die Sache hat allerdings einen Haken. Eine Lösung ergibt sich nicht so einfach. Das Thema ist hochkomplex. Deswegen mögen sich viele schon gar nicht mehr damit beschäftigen und/oder winken mit einem „Ich hab ja nichts zu verbergen“ ab. Es bedarf jedoch dringend einer gesamtgesellschaftlichen und multidisziplinären (Journalisten, Juristen, IT-Experten) Anstrengung, damit die freiheitlich demokratische Grundordnung nicht von innen erodiert. Die Idee, ein Völkerrecht des Netzes in Form einer UN-Charta zu finden, geht dabei in die richtige Richtung. Das mag in den Ohren vieler zu groß und damit als nicht wirklich machbar klingen. Doch wer den ersten Schritt nicht geht, der kommt bekanntermaßen nie irgendwo an.

Als Anwältin gucke ich natürlich auch im Übrigen durch die rechtliche Brille. Aus dieser Perspektive ins Jahr 2014 geguckt, gehe ich davon aus, dass die Netzgemeinde durch eher unspektakuläre Themen im Atem gehalten wird. Wie man durch unspektakuläre Themen im Atem gehalten wird? Nun, dass das Recht, wie etwa Datenschutz oder Wettbewerbsrecht, auch im Netz seine Gültigkeit hat, ist an sich ein alter Hut.

Trotzdem neigt der Gründer ebenso wie der alteingesessene Unternehmer dazu, seine (geschäftlichen) Handlungen rund um das Internet immer noch mit einem gewissen Laissez-fair zu versehen. Entscheidungen wie die des LG Freiburg, die klarstellen, dass ein Unternehmen durchaus unter bestimmten Umständen für private Mitarbeiter-Posts haften kann, sorgen für Verwunderung bis Empörung, obwohl sie auf schlichtem – und gar nicht neuem – Wettbewerbsrecht gründen.

Datenschutz ist zwar in Bezug auf NSA & Co ein Thema, aber der durchschnittliche Marketingverantwortliche hat eben dieses bei seiner Online-Kampagne immer noch nicht regulär auf dem Zettel. Dabei hat OLG Hamburg schon letzten Jahr geurteilt, dass mangelhafte Datenschutzbedingungen einen Wettbewerbsverstoß darstellen und mit Abmahnungen angreifbar sind. Last but not least, Social Media im Unternehmen wird zunehmend selbstverständlicher. Die rechtlichen Konsequenzen von Social Media im Unternehmen, die weit über einen 10-Punkte-Leitfaden für die Mitarbeiter hinausgehen, sind jedoch den wenigsten bewusst.

Kurz: Recht gilt selbstverständlich auch im Netz – doch das überrascht immer noch viele.

Neue Herausforderungen: Welche Projekte stehen bei Dir 2014 an?

Über konkrete Projekte im Sinne von Mandaten darf ich als Anwältin naturgemäß nicht sprechen. Grundsätzlich sehe ich aber spannenden Rechtsfragen im Bereich Recruiting 2.0 und Social Media im Unternehmen entgegen.

In dem Zusammenhang freue ich mich auch schon sehr auf das HR BarCamp am 06./07. März in Berlin, bei dem Dirks & Diercks Rechtsanwälte als Unterstützer auftreten. Zum Thema HR & Recht bin ich dann auch bei der World Class Social Recruiting & Talent Relationships 2014 als Referentin dabei. Überhaupt stehen auch wieder einige Referenten- & Workshop-Tätigkeiten an. Wenn und soweit diese nicht konkret mandatsbezogen sind, sind diese auch immer auf unserer Veranstaltungsseite zu finden

Ansonsten freue ich mich einfach schon wieder darauf, für meine Mandanten gute Verträge, wie z.B. Nutzungsbedingungen, also AGB, für Online-Plattformen, Verträge für Projektgeschäfte oder Software-Application-Verträge schreiben zu können. Wenn anderen beim Wort „Vertrag“ die Augen zufallen, dann wird es für mich spannend. Gerade in meinem Bereich, in dem doch vieles immer noch oder immer wieder einfach neu ist, wird die Arbeit einfach nicht langweilig. (Naja, manche nennen dieses Internet ja auch #Neuland 😉 ).

Ein wichtiges Projekt ist übrigens bereits im Januar 2014 über die Bühne gegangen: Unser Social Media Recht Blog ist auf die eigene Domain www.socialmediarecht.de umgezogen und wir haben auch ein bisschen umdekoriert. Darüber freuen wir uns sehr!

Als Expertin hast Du Dir das Thema Aufklärung und Information auf die Fahne geschrieben: Welchen Tipp hast Du für alle Freelancer, die 2014 beruflich den Schritt ins (Social) Web wagen?

Zunächst lautet die Fragestellung dabei: Was heißt „Schritt ins Social Web wagen“? Wer der Meinung ist, er muss auf Teufel-komm-raus jetzt auch mit einer Unternehmens-Page auf Facebook vertreten sein, weil man das 2014 vermeintlich so machen muss, liegt meines Erachtens grundfalsch. Ebenso grundfalsch wäre es allerdings zu sagen „Das ist alles Tinnef, das brauch ich nicht!“.

Wer überlegt, dass Social Web für seinen beruflichen Erfolg zu nutzen, der sollte sich einfach zuerst überlegen, wie und wozu er es einsetzen möchte. Man könnte es wohl „Strategie“ nennen. Aber auch wenn ich dieses Social-Web-Dingens selber wohl nicht ganz so schlecht mache, dann bin ich da doch kein Experte, halte in Folge dessen meinen Mund und schließe mich Kerstin Hoffmann an „Wenn es um Ihre Arbeit und damit um professionelle Kommunikation geht, lassen Sie sich bitte professionell unterstützen, wo keine eigene Expertise vorhanden ist.“

Der gleiche Tipp gilt allerdings auch hinsichtlich rechtlicher Fragen. Viele Freelancer geben ihr sauer verdientes Geld (oder ihr Gründer-Budget) zwar gern für den richtigen Internetauftritt, die schicke Visitenkarte und die passende Social Media Kampagne aus. Für die allgemeinen Geschäftsbedingungen oder sonst notwendige Rechtsberatung z.B. in Bezug auf Social Media Kampagenen ist aber in der Regel kein oder kaum Budget vorgesehen. Das ist auf den ersten Blick verständlich. Auf den zweiten Blick jedoch, nun, zumindest risikoreich.

Ich beschreibe es meinen Mandanten hinsichtlich der Geschäftsbedingungen gern wie folgt: Wenn das Geschäftskonzept das Herz der Angelegenheit ist, der Internet-Auftritt das gepflegte Äußere und die dahinterstehende IT-Struktur Gehirn und Nervenfaser, dann stellt das passende Vertragswerk das Herz-Kreislauf-System dar. Niemand bemerkt es, niemand sieht es – solange wie es brav vor sich hin arbeitet und seinen Dienst tut. Wenn jedoch eine Arterie verstopft ist, dann ist das Problem kein kleines, sondern kann ein riesengroßes werden.

Wieder übersetzt: So lange ihre Geschäftsprojekte reibungslos laufen, ist alles unproblematisch. Wenn nicht, nun dann wird sich vermutlich darüber gestritten, wer denn die Verzögerung – und die damit entstehenden Kosten! – zu tragen hat. Derartige Details also vielleicht doch lieber vorher klären. Wer mehr dazu wissen möchte, der kann hier und hier gerne einen Blick riskieren.

Ähnliches gilt natürlich auf die Kommunikation via Social Media Tools, schön, wenn es einfach läuft. Ziemlich unangenehm (und ggf. teuer), wenn man einen Fehler macht, den man einfach hätte vermeiden können.

In diesem Sinne, auf ein tolles Jahr 2014, auch im Social Web und ohne böse Überraschungen.

Über Rechtsanwältin Nina Diercks

Nina Diercks, M.Litt (University of Aberdeen) ist Rechtsanwältin, Partnerin der Kanzlei Dirks & Diercks am Standort Hamburg und Gründerin des Social Media Recht Blogs.

In ihrer täglichen Arbeit beschäftigt sie sich mit all den juristischen Fragen, denen Unternehmen in der digitalen Welt begegnen. Einen Schwerpunkt bilden dabei insbesondere die Themen, die mit der unternehmensinternen wie -externen Social Media Kommunikation verknüpft sind.

In der Arbeit mit ihren Mandanten gilt der Leitsatz: Recht muss auch für den Nichtjuristen (oder die Nichtjuristin) nachvollziehbar auf den Punkt gebracht werden.

Selbstverständlich kann der Social- Media Expertin auch persönlich auf Twitter gefolgt werden, sie kann bei Google+ eingekreist, oder ihr Blog auf Facebook geliked werden.

Weiterführende Informationen

Alle Interviews aus der RGBlog-Serie: Trends und Prognosen 2014

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Über Ralph Günther

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Schnell, einfach und komplett online: So stellte ich mir als Versicherungsmakler den Abschluss einer Berufshaftpflicht für Freelancer und Selbständige vor.  Da kein Anbieter eine ansprechende Lösung hatte, setzte ich meine Idee 2008 selbst um und gründete die exali AG (damals exali GmbH). Über meine persönlichen Erfahrungen und Erkenntnisse schreibe ich auf dem RGBlog.

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